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DIE „K. U. K. FAMILIEN-FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK“ IM ERSTEN WELTKRIEG 975
habsburgisch-lothringischen Familienbibliothek wurden somit auch für
den Unterricht der Unterstufe in der Transleithanischen Reichshälfte ver-
vielfältigt. Sie unterstrichen den supranationalen Charakter des Vielvöl-
kerstaats und hoben die dynastische Tradition der Habsburgermonarchie
hervor. Der Text des 1915 erschienenen, dritten Bandes des „Lehr- und
Lesebuchs“ behandelt im letzten Absatz die Nationalitätenfrage, die aller-
dings in den Augen der Verfasser durch den Großen Krieg scheinbar gelöst
ist:
„Auch hier hindern aber die Parteikämpfe die wirtschaftliche und kulturelle
Entwicklung nicht und auf allen Gebieten ist ein rüstiges Vorwärtsschreiten
wahrnehmbar. Endlich hat der große Krieg bewiesen, daß die Magyaren von
dem Reichsgedanken erfüllt sind und mit aller Kraft für Bestand und Ehre der
Monarchie eintreten.“225
Nach dem Krieg sind es Verlage wie Amalthea (Wien) oder der Georg Müller
Verlag (München), die Reproduktionen der Bildbestände der Fideikommiss-
bibliothek anfertigen lassen. 1920 dokumentiert ein Akt erneut die Repro-
duktion von Porträts für den Schulbücherverlag. Die Porträts von Raimund,
Nestroy, Anzengruber, Ebner-Eschenbach, Seidl226 und Vogl227 wurden für
das Werk „Deutsche Dichter aus Österreich“ ausgewählt, welches für die
Klassenlektüre der Pflichtschule bestimmt war.228 Hatte man vor dem Krieg
monarchische Herrscherfiguren und Militärs als Ikonen der Habsburgermo-
narchie reproduzieren lassen, so waren es nun deutschsprachige Künstler
der Monarchie, die dezidiert als „deutsche Dichter“ bezeichnet wurden und
als Symbolfiguren der republikanischen Ära mit ihrem Konterfei die Schul-
bücher zierten.229 1925 ließ der Schulbuchverlag des Weiteren 20 Bildnisse
von Musikern wie Bach, Händel, Schubert, Mozart, Beethoven oder Chopin
reproduzieren.230 Jedoch ist nicht allein der Schulbuchverlag im Protokoll-
buch der Reproduktionen verzeichnet. Im gleichen Jahr 1925 ließ beispiels-
weise der Deutsche Verlag für Jugend und Volk Porträts und Ansichten
reproduzieren.231 Tatsächlich wurden staatliche Institutionen wie die Fidei-
Loge“ (92), Radetzky (130), Tegetthoff (141).
225 Czerwenka/Landwehr/Pollak, Lehr- und Lesebuch, Bd. 3, 260.
226 Johann Gabriel Seidl, Verfasser des Textes der österreichischen Kaiserhymne. Vgl. ÖBL
12, 124-125.
227 Johann Nepomuk Vogl, Lyriker und Schriftsteller. Vgl. ÖBL 15, 327.
228 FKBA47021.
229 Lustig, Dichter.
230 Wien, ÖNB, BAG, FKB.INV.31, fol. 66r.
231 Wien, ÖNB, BAG, FKB.INV:31, fol. 65r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken