Seite - 1016 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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DIE FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK
1914–19191016
zeigt, unterscheiden sich hier der Vertrag von Saint-Germain und das
Habsburgergesetz, da der Friedensvertrag auch das habsburgisch-lothrin-
gische Privatvermögen den Nachfolgestaaten zusprach,423 während dem
Habsburgergesetz zufolge das persönliche Privatvermögen bei der Familie
Habsburg-Lothringen verblieb. Über den Art. 208 hinausgehend wurden für
die Bewertung von beweglichen Kulturgütern zum Zeitpunkt des Vertrags-
abschlusses noch zusätzliche Artikel eingeführt. Als der Österreichischen
Regierung der Inhalt des Vertrags von Saint-Germain von den Alliierten
bekanntgegeben wurde, erhielt die Generaldirektion im September 1919
eine Abschrift mit dem Hinweis, dass das Staatsamt für Inneres und Un-
terricht um Vorbereitung von Material zur Geltendmachung der deutschös-
terreichischen Rechte und Rechtsansprüche ersuche. Im Besonderen ging
es dabei um die Art. 187–192, welche die Rückgabe von Kulturgütern wie
Akten, Urkunden, Altertümer und Kunstgegenstände betrafen, die sowohl
vor 1914, als auch während des Ersten Weltkriegs nach Österreich trans-
feriert worden waren. Die beigelegten Anlagen waren gegliedert in die An-
sprüche von I. Toskana, Modena, Palermo, Neapel, II. Belgien, III. Polen und
IV. Tschechoslowakei. Dahingehend wurde auch die Fideikommissbibliothek
um Vorlage eines Gutachtens ersucht. Payer-Thurn verwies auf die Stellung-
nahme von Ernst Hefel in Bezug auf die von Franz von Österreich-Este nach
Österreich transferierten Kunstobjekte bzw. setzte er sich als ehemaliger Ar-
chivar des Ordens vom Goldenen Vlies intensiv mit den Forderungen Belgi-
ens auseinander, die aber in keinem Zusammenhang mit den Beständen der
Fideikommissbibliothek stehen.424
Nach dem Vertrag von Saint-Germain erfolgte im September 1921 die
neuerliche Aufforderung seitens des Bundesministeriums für Inneres und
Unterricht auf die gesetzlich fixierte Verpflichtung zur Anzeige von Gegen-
ständen, die nach Art. 184, 191, 192 des Staatsvertrags von Saint-Germain
von Oesterreich zurückzustellen sind“ und „alle derartigen Gegenstände zu-
verlässig ehestens zur Anzeige zu bringen sind“.425
In Art. 195 des Vertrags von Saint-Germain war schließlich verfügt wor-
den, dass innerhalb eines Jahres nach Vertragsunterzeichnung eine Kom-
mission durch den Wiedergutmachungsausschuss zu ernennen sei, die sich
aus drei Juristen zusammensetzen sollte und die aus Italien, Belgien, Polen
chisch-ungarischen Herrscherfamilie“. Vgl. Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye, Art.
208, Abs. 2.
423 Huguenin-Bergenat, Staatensukzession, 94.
424 FKBA46074.
425 FKBA47100, fol. 1r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken