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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Maury vergleicht ihn mit den ungeordneten Zuckungen des Veitstanzes im Gegensatz zu den koordinierten Bewegungen des normalen Menschen; ein alter Vergleich setzt den Inhalt des Traumes in Parallele zu den Tönen, welche »die zehn Finger eines der Musik unkundigen Menschen, die über die Tasten des Instrumentes hinlaufen«, hervorbringen würden. Deuten heißt einen verborgenen Sinn finden; davon kann bei dieser Einschätzung der Traumleistung natürlich keine Rede sein. Sehen Sie die Beschreibung des Traumes bei Wundt, Jodl und anderen neueren Philosophen nach; sie begnügt sich mit der Aufzählung der Abweichungen des Traumlebens vom wachen Denken in einer den Traum herabsetzenden Absicht, hebt den Zerfall der Assoziationen, die Aufhebung der Kritik, die Ausschaltung alles Wissens und andere Zeichen geminderter Leistung hervor. Der einzig wertvolle Beitrag zur Kenntnis des Traumes, den wir der exakten Wissenschaft verdanken, bezieht sich auf den Einfluß körperlicher, während des Schlafes einwirkender Reize auf den Trauminhalt. Wir besitzen von einem kürzlich verstorbenen norwegischen Autor, J. Mourly Vold, zwei dicke Bände experimentaler Traumforschungen (1910 und 1912 ins Deutsche übersetzt), welche sich fast nur mit den Erfolgen der Stellungsveränderungen der Gliedmaßen beschäftigen. Sie werden uns als Vorbilder der exakten Traumforschung angepriesen. Können Sie sich nun denken, was die exakte Wissenschaft dazu sagen würde, wenn sie erführe, daß wir den Versuch machen wollen, den Sinn der Träume zu finden? Vielleicht, daß sie es sogar schon gesagt hat. Aber wir wollen uns nicht abschrecken lassen. Wenn die Fehlleistungen Sinn haben konnten, kann es der Traum auch, und die Fehlleistungen haben in sehr vielen Fällen einen Sinn, der der exakten Forschung entgangen ist. Bekennen wir uns nur zum Vorurteil der Alten und des Volkes und treten wir in die Fußstapfen der antiken Traumdeuter. Vor allem müssen wir uns über unsere Aufgabe orientieren, im Gebiet der Träume Umschau halten. Was ist denn ein Traum? Es ist schwer, dies in einem Satz zu sagen. Wir wollen aber doch keine Definition versuchen, wo der Hinweis auf den jedermann bekannten Stoff genügt. Aber wir sollten das Wesentliche des Traumes herausheben. Wo ist das zu finden? Es gibt so ungeheure Verschiedenheiten innerhalb des Rahmens, der unser Gebiet umschließt, Verschiedenheiten nach jeder Richtung. Wesentlich wird wohl sein, was wir als allen Träumen gemeinsam aufzeigen können. Ja, das erste allen Träumen Gemeinsame wäre, daß wir dabei schlafen. Das Träumen ist offenbar das Seelenleben während des Schlafes, das mit dem des Wachens gewisse Ähnlichkeiten hat und sich durch große Unterschiede dagegen absetzt. Das war schon die Definition des Aristoteles. Vielleicht bestehen zwischen Traum und Schlaf noch nähere Beziehungen. Man kann durch einen Traum geweckt werden, man hat sehr oft einen Traum, wenn man spontan erwacht oder wenn man gewaltsam aus dem Schlafe gestört wird. Der Traum scheint also ein Zwischenzustand zwischen Schlafen und Wachen zu sein. So werden wir auf den Schlaf hingewiesen. Was ist nun der Schlaf? Das ist ein physiologisches oder biologisches Problem, an dem noch vieles strittig ist. Wir können da nichts entscheiden, aber ich meine, wir dürfen eine psychologische Charakteristik des Schlafes versuchen. Der Schlaf ist ein Zustand, in welchem ich nichts von der äußeren Welt wissen will, mein Interesse von ihr abgezogen habe. Ich versetze mich in den Schlaf, indem ich mich von ihr zurückziehe und ihre Reize von mir abhalte. Ich schlafe auch ein, wenn ich von ihr ermüdet bin. Beim Einschlafen sage ich also zur Außenwelt: Laß mich in Ruhe, denn ich will schlafen. Umgekehrt sagt das Kind: Ich geh’ noch nicht schlafen, ich bin nicht müde, will noch 52
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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