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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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von uns ist auch wohl selbst in die Lage gekommen, dies Ergebnis durch gelegentliche persönliche Beobachtung zu bestätigen. Ich will zur Mitteilung einige ältere Experimente auswählen. Maury ließ solche Versuche an seiner eigenen Person ausführen. Man ließ ihn im Traum Kölnerwasser riechen. Er träumte, daß er in Kairo im Laden von Johann Maria Farina sei, und daran schlossen sich weitere tolle Abenteuer. Oder: man kneifte ihn leicht in den Nacken; er träumte von einem aufgelegten Blasenpflaster und von einem Arzt, der ihn in seiner Kindheit behandelt hatte. Oder: man goß ihm einen Tropfen Wasser auf die Stirne. Er war dann in Italien, schwitzte heftig und trank den weißen Wein von Orvieto. Was uns an diesen experimentell erzeugten Träumen auffällt, werden wir vielleicht noch deutlicher an einer anderen Reihe von Reizträumen erfassen können. Es sind drei Träume, von einem geistreichen Beobachter, Hildebrandt, mitgeteilt, sämtlich Reaktionen auf den Lärm eines Weckers: »Also ich gehe an einem Frühlingsmorgen spazieren und schlendre durch die grünenden Felder weiter bis zu einem benachbarten Dorfe, dort sehe ich die Bewohner in Feierkleidern, das Gesangbuch unter dem Arme, zahlreich der Kirche zuwandern. Richtig! es ist ja Sonntag und der Frühgottesdienst wird bald beginnen. Ich beschließe, an diesem teilzunehmen, zuvor aber, weil ich etwas echauffiert bin, auf dem die Kirche umgebenden Friedhofe mich abzukühlen. Während ich hier verschiedene Grabschriften lese, höre ich den Glöckner den Turm hinansteigen und sehe nun in der Höhe des letzteren die kleine Dorfglocke, die das Zeichen zum Beginn der Andacht geben wird. Noch eine ganze Weile hängt sie bewegungslos da, dann fängt sie an zu schwingen – und plötzlich ertönen ihre Schläge hell und durchdringend – so hell und durchdringend, daß sie meinem Schlafe ein Ende machen. Die Glockentöne aber kommen von dem Wecker.« »Eine zweite Kombination. Es ist heller Wintertag; die Straßen sind hoch mit Schnee bedeckt. Ich habe meine Teilnahme an einer Schlittenfahrt zugesagt, muß aber lange warten, bis die Meldung erfolgt, der Schlitten stehe vor der Tür. Jetzt erfolgen die Vorbereitungen zum Einsteigen – der Pelz wird angelegt, der Fußsack hervorgeholt – und endlich sitze ich auf meinem Platze. Aber noch verzögert sich die Abfahrt, bis die Zügel den harrenden Rossen das fühlbare Zeichen geben. Nun ziehen diese an; die kräftig geschüttelten Schellen beginnen ihre wohlbekannte Janitscharenmusik mit einer Mächtigkeit, die augenblicklich das Spinngewebe des Traumes zerreißt. Wieder ist’s nichts anderes als der schrille Ton der Weckerglocke.« »Noch das dritte Beispiel! Ich sehe ein Küchenmädchen mit einigen Dutzend aufgetürmter Teller den Korridor entlang zum Speisezimmer schreiten. Die Porzellansäule in ihren Armen scheint mir in Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren. ›Nimm dich in acht‹, warne ich, ›die ganze Ladung wird zur Erde fallen.‹ Natürlich bleibt der obligate Widerspruch nicht aus: man sei dergleichen schon gewohnt usw., währenddessen ich immer noch mit Blicken der Besorgnis die Wandelnde begleite. Richtig, an der Türschwelle erfolgt ein Straucheln – das zerbrechliche Geschirr fällt und rasselt und prasselt in hundert Scherben auf dem Fußboden umher. Aber – das endlos sich fortsetzende Getön ist doch, wie ich bald merke, kein eigentliches Rasseln, sondern ein richtiges Klingeln; – und mit diesem Klingeln hat, wie nunmehr der Erwachende erkennt, nur der Wecker seine Schuldigkeit getan.« Diese Träume sind recht hübsch, ganz sinnvoll, gar nicht so inkohärent, wie Träume sonst zu sein pflegen. Wir wollen sie deswegen nicht beanständen. Das Gemeinsame an ihnen ist, daß die Situation jedesmal in einen Lärm ausgeht, den man beim Erwachen als den des Weckers 55
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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