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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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8. Vorlesung Kinderträume Meine Damen und Herren! Wir stehen unter dem Eindrucke, daß wir zu rasch vorgegangen sind. Greifen wir um ein Stück zurück. Ehe wir den letzten Versuch unternahmen, die Schwierigkeit der Traumentstellung durch unsere Technik zu bewältigen, hatten wir uns gesagt, es wäre das Beste, sie zu umgehen, indem wir uns an Träume halten, bei denen die Entstellung weggefallen oder sehr geringfügig ausgefallen ist, wenn es solche gibt. Wir weichen dabei wiederum von der Entwicklungsgeschichte unserer Erkenntnis ab, denn in Wirklichkeit ist man erst nach konsequenter Anwendung der Deutungstechnik und nach vollzogener Analyse der entstellten Träume auf die Existenz solcher von Entstellung freier aufmerksam geworden. Die Träume, die wir suchen, finden sich bei Kindern. Sie sind kurz, klar, kohärent, leicht zu verstehen, unzweideutig und doch unzweifelhafte Träume. Glauben Sie aber nicht, daß alle Träume von Kindern dieser Art sind. Auch die Traumentstellung setzt sehr früh im Kindesalter ein, und es sind Träume von fünf- bis achtjährigen Kindern verzeichnet worden, die bereits alle Charaktere der späteren an sich tragen. Wenn Sie sich aber auf das Alter vom Beginn der kenntlichen seelischen Tätigkeit bis zum vierten oder fünften Jahr beschränken, werden Sie eine Reihe von Träumen aufbringen, die den infantil zu nennenden Charakter haben, und dann in späteren Kinderjahren einzelne derselben Art finden können. Ja auch bei erwachsenen Personen fallen unter gewissen Bedingungen Träume vor, die ganz den typisch infantilen gleichen. An diesen Kinderträumen können wir nun mit großer Leichtigkeit und Sicherheit Aufschlüsse über das Wesen des Traumes gewinnen, von denen wir hoffen wollen, daß sie sich als entscheidend und allgemein gültig erweisen werden. 1. Man bedarf zum Verständnis dieser Träume keiner Analyse, keiner Anwendung einer Technik. Man braucht das Kind, welches seinen Traum erzählt, nicht zu befragen. Aber man muß ein Stück Erzählung aus dem Leben des Kindes dazugeben. Es gibt jedesmal ein Erlebnis vom Tage vorher, welches uns den Traum erklärt. Der Traum ist die Reaktion des Seelenlebens im Schlafe auf dieses Erlebnis des Tages. Wir wollen uns einige Beispiele anhören, um unsere weiteren Schlüsse an sie anzulehnen. a) Ein Knabe von 22 Monaten soll als Gratulant einen Korb mit Kirschen verschenken. Er tut es offenbar sehr ungern, obwohl man ihm verspricht, daß er einige davon selbst bekommen wird. Am nächsten Morgen erzählt er als seinen Traum: He(r)mann alle Kirschen aufgessen. b) Ein Mädchen von 3¼ Jahren wird zum erstenmal über den See gefahren. Beim Aussteigen will sie das Boot nicht verlassen und weint bitterlich. Die Zeit der Seefahrt scheint ihr zu rasch vergangen zu sein. Am nächsten Morgen: Heute nachts bin ich auf dem See gefahren. Wir dürfen wohl ergänzen, daß diese Fahrt länger angedauert hat. c) Ein 5¼jähriger Knabe wird auf einen Ausflug ins Escherntal bei Hallstatt mitgenommen. Er hatte gehört, Hallstatt liege am Fuße des Dachsteins. Für diesen Berg hatte er viel Interesse 75
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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