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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
Seite - 113 -
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mußten. Sie sehen nun, wie dieser unverständliche Traum zustande gekommen ist. Durch die Herstellung einer sonderbaren und irreführenden Verdichtung, durch die Übergehung aller Gedanken aus der Mitte des latenten Gedankenganges und durch die Schaffung von mehrdeutigen Ersatzbildungen für die tiefsten und zeitlich entlegensten dieser Gedanken. 4) Wir haben schon wiederholt versucht, jenen nüchternen und banalen Träumen beizukommen, die nichts Unsinniges oder Befremdendes an sich tragen, bei denen sich aber die Frage erhebt: Wozu träumt man so gleichgültiges Zeug? Ich will also ein neues Beispiel dieser Art vorlegen, drei zusammengehörige, in einer Nacht vorgefallene Träume einer jungen Dame. a) Sie geht durch die Halle ihres Hauses und stößt sich den Kopf blutig an dem tief herabhängenden Luster. Keine Reminiszenz, nichts, was wirklich vorgefallen ist. Ihre Auskunft dazu leitet auf ganz andere Wege. »Sie wissen, wie stark mir die Haare ausgehen. Kind, hat die Mutter gestern zu mir gesagt, wenn das so weitergeht, wirst du einen Kopf bekommen wie einen Popo.« Der Kopf steht also hier für das andere Körperende. Den Luster können wir ohne Nachhilfe symbolisch verstehen; alle der Verlängerung fähigen Gegenstände sind Symbole des männlichen Gliedes. Also handelt es sich um eine Blutung am unteren Körperende, die durch den Zusammenstoß mit dem Penis entsteht. Das könnte noch mehrdeutig sein; ihre weiteren Einfälle zeigen, daß es sich um den Glauben handelt, die Menstruationsblutung entstehe durch den Geschlechtsverkehr mit dem Mann, ein Stück der Sexualtheorie, das viele Gläubige unter den unreifen Mädchen hat. b) Sie sieht im Weingarten eine tiefe Grube, von der sie weiß, daß sie durch Ausreißen eines Baumes entstanden ist. Dazu ihre Bemerkung, der Baum fehle ihr dabei. Sie meint, sie habe im Traum den Baum nicht gesehen, aber derselbe Wortlaut dient dem Ausdruck eines anderen Gedankens, der nun die symbolische Deutung vollends sicherstellt. Der Traum bezieht sich auf ein anderes Stück der infantilen Sexualtheorien, auf den Glauben, daß die Mädchen ursprünglich dasselbe Genitale hatten wie die Knaben und daß dessen spätere Gestaltung durch Kastration (Ausreißen eines Baumes) entstanden ist. c) Sie steht vor ihrer Schreibtischlade, in der sie sich so gut auskennt, daß sie sofort weiß, wenn jemand darüber gekommen ist. Die Schreibtischlade ist wie jede Lade, Kiste, Schachtel, ein weibliches Genitale. Sie weiß, daß man die Anzeichen des Sexualverkehrs (wie sie meint, auch der Berührung) am Genitale erkennen kann, und hat sich lange vor solcher Überführung gefürchtet. Ich meine, der Akzent ist in all diesen drei Träumen auf das Wissen zu legen. Sie gedenkt der Zeit ihrer kindlichen Sexualforschung, auf deren Ergebnisse sie damals recht stolz war. 5) Wiederum ein Stückchen Symbolik. Aber diesmal muß ich die psychische Situation in einem kurzen Vorbericht voranstellen. Ein Herr, der mit einer Frau eine Liebesnacht verbracht hat, schildert seine Partnerin als eine jener mütterlichen Naturen, bei denen im Liebesverkehre mit dem Manne der Wunsch nach dem Kinde unwiderstehlich durchdringt. Die Verhältnisse jenes Zusammentreffens nötigen aber zu einer Vorsicht, durch welche der befruchtende Samenerguß vom weiblichen Schoß ferngehalten wird. Beim Erwachen aus dieser Nacht erzählt die Frau nachstehenden Traum: 113
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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