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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
Seite - 132 -
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Traumarbeit, oder höchstens noch die Traumarbeit selbst, d.  i. jenen psychischen Vorgang, der aus den latenten Traumgedanken den manifesten Traum formt. Jede andere Verwendung des Wortes ist Begriffsverwirrung, die nur Unheil stiften kann. Zielen Sie mit ihren Behauptungen auf die latenten Gedanken hinter dem Traum, so sagen Sie es direkt und verhüllen Sie nicht das Problem des Traumes durch die lockere Ausdrucksweise, deren Sie sich bedienen. Die latenten Traumgedanken sind der Stoff, den die Traumarbeit zum manifesten Traum umbildet. Warum wollen Sie durchaus den Stoff mit der Arbeit verwechseln, die ihn formt? Haben Sie dann etwas vor jenen voraus, die nur das Produkt der Arbeit kannten und sich nicht erklären konnten, woher es stammt und wie es gemacht wird? Das einzig Wesentliche am Traum ist die Traumarbeit, die auf den Gedankenstoff eingewirkt hat. Wir haben kein Recht, uns in der Theorie über sie hinwegzusetzen, wenn wir sie auch in gewissen praktischen Situationen vernachlässigen dürfen. Die analytische Beobachtung zeigt denn auch, daß die Traumarbeit sich nie darauf beschränkt, diese Gedanken in die Ihnen bekannte archaische oder regressive Ausdrucksweise zu übersetzen. Sondern sie nimmt regelmäßig etwas hinzu, was nicht zu den latenten Gedanken des Tages gehört, was aber der eigentliche Motor der Traumbildung ist. Diese unentbehrliche Zutat ist der gleichfalls unbewußte Wunsch, zu dessen Erfüllung der Trauminhalt umgebildet wird. Der Traum mag also alles mögliche sein, insoweit Sie nur die durch ihn vertretenen Gedanken berücksichtigen, Warnung, Vorsatz, Vorbereitung usw.; er ist immer auch die Erfüllung eines unbewußten Wunsches, und er ist nur dies, wenn Sie ihn als Ergebnis der Traumarbeit betrachten. Ein Traum ist also auch nie ein Vorsatz, eine Warnung schlechtweg, sondern stets ein Vorsatz u.  dgl., mit Hilfe eines unbewußten Wunsches in die archaische Ausdrucksweise übersetzt und zur Erfüllung dieser Wünsche umgestaltet. Der eine Charakter, die Wunscherfüllung, ist der konstante; der andere mag variieren; er kann seinerseits auch ein Wunsch sein, so daß der Traum einen latenten Wunsch vom Tage mit Hilfe eines unbewußten Wunsches als erfüllt darstellt. Ich verstehe das alles sehr gut, aber ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, es auch für Sie verständlich zu machen. Auch habe ich Schwierigkeiten, es Ihnen zu beweisen. Das geht einerseits nicht ohne die sorgfältige Analyse vieler Träume, und anderseits ist dieser heikelste und bedeutsamste Punkt unserer Auffassung des Traumes nicht ohne Beziehung auf Späteres überzeugend darzustellen. Können Sie es überhaupt glauben, daß man bei dem innigen Zusammenhang aller Dinge sehr tief in die Natur des einen eindringen kann, ohne sich um andere Dinge von ähnlicher Natur bekümmert zu haben? Da wir von den nächsten Verwandten des Traumes, von den neurotischen Symptomen, noch nichts wissen, müssen wir uns auch hier bei dem Erreichten bescheiden. Ich will nur noch ein Beispiel vor Ihnen erläutern und eine neue Betrachtung anstellen. Nehmen wir wieder jenen Traum vor, zu dem wir schon mehrmals zurückgekehrt sind, den Traum von den 3 Theaterkarten für 1 fl. 50. Ich kann Ihnen versichern, daß ich ihn zuerst absichtslos als Beispiel aufgegriffen habe. Die latenten Traumgedanken kennen Sie. Ärger, daß sie sich mit dem Heiraten so beeilt hatte, bei der Nachricht, daß ihre Freundin sich erst jetzt verlobt hat; Geringschätzung ihres Mannes, die Idee, daß sie einen besseren bekommen, wenn sie nur gewartet hätte. Den Wunsch, der aus diesen Gedanken einen Traum gemacht hat, kennen wir auch bereits, es ist die Schaulust, ins Theater gehen zu können, sehr wahrscheinlich eine Abzweigung der alten Neugierde, endlich einmal zu erfahren, was denn vorgeht, wenn man verheiratet ist. Diese Neugierde richtet sich bei Kindern bekanntlich regelmäßig auf das Sexualleben der Eltern, ist also eine infantile, und soweit sie später noch vorhanden ist, eine mit 132
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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