Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geisteswissenschaften
Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
Seite - 135 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 135 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)

Bild der Seite - 135 -

Bild der Seite - 135 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)

Text der Seite - 135 -

15. Vorlesung Unsicherheiten und Kritiken Meine Damen und Herren! Wir wollen das Gebiet des Traumes doch nicht verlassen, ohne die gewöhnlichsten Zweifel und Unsicherheiten zu behandeln, die sich an unsere bisherigen Neuheiten und Auffassungen geknüpft haben. Einiges Material hierzu werden aufmerksame Hörer unter Ihnen bei sich selbst zusammengetragen haben. 1. Es mag Ihr Eindruck geworden sein, daß die Resultate unserer Deutungsarbeit am Traume trotz korrekter Einhaltung der Technik so viel Unbestimmtheiten zulassen, daß dadurch eine sichere Übersetzung des manifesten Traumes in die latenten Traumgedanken doch vereitelt wird. Sie werden dafür anführen, daß man erstens nie weiß, ob ein bestimmtes Element des Traumes im eigentlichen Sinne oder symbolisch zu verstehen ist, denn die als Symbole verwendeten Dinge hören darum doch nicht auf, sie selbst zu sein. Hat man aber keinen objektiven Anhalt, um dies zu entscheiden, so bleibt die Deutung in diesem Punkte der Willkür des Traumdeuters überlassen. Ferner ist es infolge des Zusammenfallen von Gegensätzen bei der Traumarbeit jederzeit unbestimmt gelassen, ob ein gewisses Traumelement im positiven oder im negativen Sinne, als es selbst oder als sein Gegenteil verstanden werden soll. Eine neue Gelegenheit zur Betätigung der Willkür des Deutenden. Drittens steht es dem Traumdeuter infolge der im Traume so beliebten Umkehrungen jeder Art frei, an ihm beliebigen Stellen des Traumes eine solche Umkehrung vorzunehmen. Endlich werden Sie sich darauf berufen, gehört zu haben, daß man selten sicher ist, die gefundene Deutung des Traumes sei die einzig mögliche. Man läuft Gefahr, eine durchaus zulässige Überdeutung desselben Traumes zu übersehen. Unter diesen Umständen, werden Sie schließen, bleibt der Willkür des Deuters ein Spielraum eingeräumt, dessen Weite mit der objektiven Sicherheit der Resultate unverträglich scheint. Oder Sie können auch annehmen, der Fehler liege nicht am Traume, sondern die Unzulänglichkeiten unserer Traumdeutung ließen sich auf Unrichtigkeiten unserer Auffassungen und Voraussetzungen zurückführen. All Ihr Material ist untadelig gut, aber ich glaube, es rechtfertigt nicht Ihre Schlüsse nach den beiden Richtungen, daß die Traumdeutung, wie wir sie betreiben, der Willkür preisgegeben ist und daß die Mängel der Ergebnisse die Berechtigung unseres Verfahrens in Frage stellen. Wenn Sie anstatt der Willkür des Deuters einsetzen wollen: der Geschicklichkeit, der Erfahrung, dem Verständnis desselben, so pflichte ich Ihnen bei. Ein solches persönliches Moment werden wir freilich nicht entbehren können, zumal nicht bei schwierigeren Aufgaben der Traumdeutung. Das ist aber bei anderen wissenschaftlichen Betrieben auch nicht anders. Es gibt kein Mittel, um hintanzuhalten, daß der eine eine gewisse Technik nicht schlechter handhabe oder nicht besser ausnütze als ein anderer. Was sonst, z.  B. bei der Deutung der Symbole, als Willkür imponiert, das wird dadurch beseitigt, daß in der Regel der Zusammenhang der Traumgedanken untereinander, der des Traumes mit dem Leben des Träumers und die ganze psychische Situation, in welche der Traum fällt, von den gegebenen Deutungsmöglichkeiten die eine auswählt, die anderen als unbrauchbar zurückweist. Der Schluß aus den Unvollkommenheiten der Traumdeutung auf die Unrichtigkeit unserer Aufstellungen wird aber durch eine Bemerkung entkräftet, welche die Mehrdeutigkeit oder Unbestimmtheit des Traumes vielmehr als eine notwendig zu erwartende Eigenschaft desselben erweist. 135
zurück zum  Buch Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)"
Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schriften von Sigmund Freud