Seite - 1681 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Arzt und Patient, Vater und Sohn, treffen sich also darin, der Onanieangewöhnung die Hauptrolle
in der Pathogenese des gegenwärtigen Zustandes zuzuschieben. Es fehlt aber auch nicht an
Anzeichen für die Bedeutung anderer Momente.
Am 3. März ist bei uns ein neues Mädchen eingetreten, das sein besonderes Wohlgefallen erregt.
Da sie ihn beim Zimmerreinigen aufsitzen läßt, nennt er sie nur »mein Pferd« und hält sie immer
am Rock, »Hüoh« rufend. Am 10. März etwa sagt er zu diesem Kindermädchen: »Wenn Sie das
oder das tun, müssen Sie sich ganz ausziehen, auch das Hemd.« (Er meint, zur Strafe, aber es ist
leicht, dahinter den Wunsch zu erkennen.)
Sie: »No, was ist da dran? So werd’ ich mir denken, ich hab’ kein Geld auf Kleider.«
Er: »Aber das ist doch eine Schande, da sieht man doch den Wiwimacher.«
Die alte Neugierde, auf ein neues Objekt geworfen, und wie es den Zeiten der Verdrängung
zukommt, mit einer moralisierenden Tendenz verdeckt!
Am 13. März früh sage ich zu Hans: »Weißt du, wenn du nicht mehr die Hand zum Wiwimacher
gibst, wird die Dummheit schon schwächer werden.«
Hans: »Aber ich geb’ die Hand nicht mehr zum Wiwimacher.«
Ich: »Aber du möchtest sie immer gern geben.«
Hans: »Ja, das schon, aber ›möchten‹ ist nicht ›tun‹, und ›tun‹ ist nicht ›möchten‹.« (!!)
Ich: »Damit du aber nicht möchtest, bekommst du heute einen Sack zum Schlafen.«
Darauf gehen wir vors Haus. Er fürchtet sich zwar, sagt aber, durch die Aussicht auf die
Erleichterung des Kampfes sichtlich gehoben: »No morgen, wenn ich den Sack haben werde,
wird die Dummheit weg sein.« Er fürchtet sich tatsächlich vor Pferden viel weniger und läßt
Wagen ziemlich ruhig vorüberfahren.
Am nächsten Sonntag, 15. März, hatte Hans versprochen, mit mir nach Lainz zu fahren. Er
sträubt sich erst, endlich geht er doch mit mir. Auf der Gasse fühlt er sich, da wenige Wagen
fahren, sichtlich wohl und sagte: »Das ist gescheit, daß der liebe Gott das Pferd schon
ausgelassen hat.« Auf dem Wege erkläre ich ihm, daß seine Schwester keinen Wiwimacher hat
wie er. Mäderl und Frauen haben keinen Wiwimacher. Die Mammi hat keinen, die Anna nicht
usw.
Hans: »Hast du einen Wiwimacher?«
Ich: »Natürlich, was hast du denn geglaubt?«
Hans: (Nach einer Pause) »Wie machen aber Mäderl Wiwi, wenn sie keinen Wiwimacher
haben?«
Ich: »Sie haben keinen solchen Wiwimacher wie du. Hast du noch nicht gesehen, wenn die
Hanna gebadet worden ist?«
1681
Schriften von Sigmund Freud
(1856–1939)
- Titel
- Schriften von Sigmund Freud
- Untertitel
- (1856–1939)
- Autor
- Sigmund Freud
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 21.6 x 28.0 cm
- Seiten
- 2789
- Schlagwörter
- Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
- Kategorien
- Geisteswissenschaften
- Medizin