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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
Seite - 2674 -
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jene Wege findet, deren Erregung das somatische Bild des Lachens ergibt, scheint mir Spencer nicht glücklich gewesen zu sein. Zu dem vor und seit Darwin ausführlich behandelten, aber immer noch nicht endgültig erledigten Thema der physiologischen Aufklärung des Lachens, also der Ableitung oder Deutung der für das Lachen charakteristischen Muskelaktionen, möchte ich einen einzigen Beitrag liefern. Meines Wissens tritt die für das Lächeln bezeichnende Grimasse der Mundwinkelverziehung zuerst beim befriedigten und übersättigten Säugling auf, wenn er eingeschläfert die Brust fahren läßt. Sie ist dort eine richtige Ausdrucksbewegung, da sie dem Entschluß, keine Nahrung mehr aufzunehmen, entspricht, gleichsam ein »Genug« oder vielmehr »Übergenug« darstellt. Dieser ursprüngliche Sinn der lustvollen Übersättigung mag dem Lächeln, welches ja das Grundphänomen des Lachens bleibt, die spätere Beziehung zu den lustvollen Abfuhrvorgängen verschafft haben. [46] Vgl. die Abschnitte in dem zitierten Buch von Lipps, Kapitel VIII. ›Über die psychische Kraft‹ usf. (Dazu Traumdeutung, VII.) – »Es gilt also der allgemeine Satz: Die Faktoren des psychischen Lebens sind nicht die Bewußtseinsinhalte, sondern die an sich unbewußten psychischen Vorgänge. Die Aufgabe der Psychologie, falls sie nicht bloß Bewußtseinsinhalte beschreiben will, muß dann darin bestehen, aus der Beschaffenheit der Bewußtseinsinhalte und ihres zeitlichen Zusammenhanges die Natur dieser unbewußten Vorgänge zu erschließen. Die Psychologie muß sein eine Theorie dieser Vorgänge. Eine solche Psychologie wird aber sehr bald finden, daß es gar mancherlei Eigenschaften dieser Vorgänge gibt, die in den entsprechenden Bewußtseinsinhalten nicht repräsentiert sind.« (Lipps, loc. cit. S. 123.) [47] Der Gesichtspunkt des Status nascendi ist von Heymans (1896) in etwas anderem Zusammenhange geltend gemacht worden. [48] An einem Beispiel von Verschiebungswitz möchte ich noch einen anderen interessanten Charakter der Witztechnik erörtern. Die geniale Schauspielerin Gallmeyer soll einmal auf die unerwünschte Frage »Wie alt?« »im Gretchenton und mit verschämtem Augenniederschlag« geantwortet haben: »In Brunn.« Das ist nun das Muster einer Verschiebung; nach dem Alter gefragt, antwortet sie mit der Angabe ihres Geburtsortes, antizipiert also die nächste Frage und gibt zu verstehen: Diese eine Frage möchte ich übergangen wissen. Und doch fühlen wir, daß der Charakter des Witzes hier nicht ungetrübt zum Ausdruck kommt. Das Abspringen von der Frage ist zu klar, die Verschiebung allzu augenfällig. Unsere Aufmerksamkeit versteht sofort, daß es sich um eine beabsichtigte Verschiebung handelt. Bei den anderen Verschiebungswitzen ist die Verschiebung verhüllt, unsere Aufmerksamkeit wird durch das Bemühen, sie festzustellen, gefesselt. In einem der Verschiebungswitze (S. 54) »Was mache ich um ½7 Uhr in Preßburg?« als Antwort auf die Empfehlung des Reitpferdes ist die Verschiebung gleichfalls eine vordringliche, aber zum Ersatz dafür wirkt sie als unsinnig verwirrend auf die Aufmerksamkeit, während wir beim Verhör der Schauspielerin ihre Verschiebungsantwort sofort unterzubringen wissen. – In anderer Richtung weichen vom Witz die sogenannten »Scherzfragen« ab, die sich sonst der besten Techniken bedienen mögen. Ein Beispiel einer Scherzfrage mit Verschiebungstechnik ist folgendes: Was ist ein Kannibale, der seinen Vater und seine Mutter aufgefressen hat? – Antwort: Waise. – Und wenn er alle seine anderen Verwandten mit dazu gefressen hat? – Universalerbe. – Und wo findet solch ein Scheusal noch Sympathie? – Im Konversationslexikon unter S. Die Scherzfragen sind darum keine vollen Witze, weil die geforderten witzigen Antworten nicht wie die Anspielungen, Auslassungen usw. des Witzes erraten werden können. 2674
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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