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[62] Die Analyse der Fälle von neurotischer Gehstörung und Raumangst hebt den Zweifel an der
sexuellen Natur der Bewegungslust auf. Die moderne Kulturerziehung bedient sich bekanntlich
des Sports im großen Umfang, um die Jugend von der Sexualbetätigung abzulenken; richtiger
wäre es zu sagen, sie ersetzt ihr den Sexualgenuß durch die Bewegungslust und drängt die
Sexualbetätigung auf eine ihrer autoerotischen Komponenten zurück.
[63] (Der sogenannte »erogene« Masochismus.)
[64] Als unabweisbare Folgerung aus den obigen Ausführungen ergibt sich, daß jedem
Individuum eine Oral-, Anal-, Harnerotik usw. zugesprochen werden muß und daß die
Konstatierung der diesen entsprechenden seelischen Komplexe kein Urteil auf Abnormität oder
Neurose bedeutet. Die Unterschiede, die das Normale vom Abnormen trennen, können nur in der
relativen Stärke der einzelnen Komponenten des Sexualtriebes und in der Verwendung liegen, die
sie im Laufe der Entwicklung erfahren.
[65] Die im Text gegebene schematische Darstellung will die Differenzen hervorheben.
Inwieweit sich die infantile Sexualität durch ihre Objektwahl und die Ausbildung der phallischen
Phase der definitiven Sexualorganisation annähert, ist vorhin, S. 104 f., ausgeführt worden.
[66] Vgl. einen Versuch zur Lösung dieses Problems in den einleitenden Bemerkungen meines
Aufsatzes ›Das ökonomische Problem des Masochismus‹ (1924 c).
[67] Siehe meine 1905 erschienene Studie Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten. Die
durch die Witztechnik gewonnene »Vorlust« wird dazu verwendet, eine größere Lust durch die
Aufhebung innerer Hemmungen frei zu machen.
[68] Es ist überaus lehrreich, daß die deutsche Sprache der im Text erwähnten Rolle der
vorbereitenden sexuellen Erregungen, welche gleichzeitig einen Anteil Befriedigung und einen
Beitrag zur Sexualspannung liefern, im Gebrauche des Wortes »Lust« Rechnung trägt. »Lust« ist
doppelsinnig und bezeichnet ebensowohl die Empfindung der Sexualspannung (Ich habe Lust =
ich möchte, ich verspüre den Drang) als auch die der Befriedigung.
[69] Diese Beschränkung hat nicht mehr ihre frühere Giltigkeit, seitdem auch andere als die
»Übertragungsneurosen« der Psychoanalyse in größerem Ausmaße zugänglich geworden sind.
[70] Siehe obige Anmerkung.
[71] S. ›Zur Einführung des Narzißmus‹ (1914 c). – Der Terminus »Narzißmus« ist nicht, wie
dort irrtümlich angegeben, von Näcke, sondern von H. Ellis geschaffen worden.
[72] Es ist unerläßlich, sich klarzumachen, daß die Begriffe »männlich« und »weiblich«, deren
Inhalt der gewöhnlichen Meinung so unzweideutig erscheint, in der Wissenschaft zu den
verworrensten gehören und nach mindestens drei Richtungen zu zerlegen sind. Man gebraucht
männlich und weiblich bald im Sinne von Aktivität und Passivität, bald im biologischen und dann
auch im soziologischen Sinne. Die erste dieser drei Bedeutungen ist die wesentliche und die in
der Psychoanalyse zumeist verwertbare. Ihr entspricht es, wenn die Libido oben im Text als
männlich bezeichnet wird, denn der Trieb ist immer aktiv, auch wo er sich ein passives Ziel
gesetzt hat. Die zweite, biologische Bedeutung von männlich und weiblich ist die, welche die
klarste Bestimmung zuläßt. Männlich und weiblich sind hier durch die Anwesenheit der Samen-,
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Schriften von Sigmund Freud
(1856–1939)
- Titel
- Schriften von Sigmund Freud
- Untertitel
- (1856–1939)
- Autor
- Sigmund Freud
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 21.6 x 28.0 cm
- Seiten
- 2789
- Schlagwörter
- Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
- Kategorien
- Geisteswissenschaften
- Medizin