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Meeresspiegel einerseits und mehr Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwem-
mungen, Erdrutsche, Stürme und Hitzewellen andererseits. Beide Formen haben Aus-
wirkungen auf die natürliche Umwelt. Ozeane erwärmen sich, Gletscher und Eisschilde
schmelzen, fragile Ökosysteme wie etwa Korallenriffe werden zerstört und Tier- und
Pflanzenarten sterben aus.
Für Fragen von Frieden, Krieg und Sicherheit sind Veränderungen in der Verfügung
über natürliche Ressourcen von besonderer Bedeutung. Das betrifft die absolute Verfüg-
barkeit etwa von Energie, Wasser oder Land zur Nahrungsmittelproduktion ebenso wie
deren Verteilung zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Mit Klimawan-
del verbundene Krisen durch Trinkwasserprobleme, Bodendegradation, steigende
Preise für Nahrungsmittel, Beeinträchtigung von Biodiversität sowie mehr wetterbe-
dingte Katastrophen beeinträchtigen schon heute die Lebensgrundlagen von Millio-
nen von Menschen und das Funktionieren kritischer Infrastrukturen und Versor-
gungsnetze (→ IPCC 2018). Jede weitere Temperaturerhöhung wird Leib und Leben
weiterer großer Gruppen von Menschen schädigen, zu Armut, Hunger und Krankheit
beitragen, menschliche Sicherheit und politische Stabilität untergraben. Neben Ver-
lierern gibt es allerdings auch mögliche Gewinner, vor allem in kühlen Weltregionen.
Während gravierende Auswirkungen des globalen Klimawandels auf menschliche
Sicherheit absehbar sind, gilt dies für die nationale oder internationale Sicherheit nur
bedingt. Ein kausaler Beitrag des bisherigen Klimawandels zum Gewaltgeschehen in
der Welt ist in der Wissenschaft umstritten. Einige Hinweise gibt es für kommunale
Gewaltkonflikte, etwa zwischen Bauern und Nomaden, für klimarelevante Wetter-
phänomene wie Dürren und für bestimmte regionale Brennpunkte, insbesondere in
Afrika südlich der Sahara (→ Brzoska 2018, Ide 2019, Scheffran 2020).
Ähnliches gilt für die klimabedingte Migration. Viele Menschen wurden durch die
wachsende Zahl von wetterbedingten Katastrophen vertrieben oder wandern auf-
grund schleichender Klimawandelfolgen, etwa zwischen Stadt und Land. Die meisten
bleiben in der Nähe ihrer Herkunftsregion, um möglichst bald wieder zurückzukeh-
ren. Der Umfang internationaler Migration, der dem Klimawandel zugeschrieben
werden kann, ist eher gering (→ Klepp 2017).
Die bisherigen Auswirkungen des Klimawandels auf Frieden, Krieg und Sicherheit sind
aber möglicherweise nicht identisch mit den zukünftigen – selbst wenn das während der
Staatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Paris im Dezember 2015 vereinbarte
Ziel von 1,5° Celsius Erderwärmung eingehalten würde. Wird es verfehlt, was immer wahr-
scheinlicher wird, würde ein Klimawandel gefährlichen Ausmaßes wahrscheinlicher,
verbunden mit Wetterextremen, Wasser- und Nahrungsmittelproblemen, bis hin zu mög-
lichen Gewaltkonflikten und Vertreibungen. Bei Überschreiten von kritischen Tempera-
turschwellen, die bislang noch unbekannt sind, besteht die Gefahr von Verstärkereffekten
und Kipppunkten im Klimasystem, die das Erdsystem destabilisieren (→ IPCC 2018). Ein kausaler Beitrag
des bisherigen Klima-
wandels zum Gewalt-
geschehen in der Welt
ist umstritten F
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friedensgutachten / 2020
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Titel
- Friedensgutachten 2020
- Untertitel
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.5 cm
- Seiten
- 162
- Schlagwörter
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Kategorie
- Recht und Politik