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Schutz lokaler Ökosysteme mit nachhaltiger Entwicklung und der Überwindung be-
waffneter Gewalt. Ein Beispiel dafür ist das Friedensabkommen zwischen der Regierung
Kolumbiens und der FARC. Neben „klassischen“ Regelungen zur Kompensation Kon-
fliktbetroffener und Wiedereingliederung demobilisierter Kämpfer sind darin Abspra-
chen zu integrierter ländlicher Entwicklung enthalten, einschließlich der Umnutzung
vormals für illegalen Drogenanbau genutzter Flächen. Das trägt dazu bei, die Lebensbe-
dingungen der ländlichen Bevölkerung zu verbessern, die negativen Auswirkungen des
langjährigen Konflikts umzukehren und die Bedingungen nachhaltig zu ändern, die die
Fortsetzung des Konflikts erst ermöglicht haben (→ Valenzuela & Caicedo 2018). Aller-
dings gibt es auch viele Beispiele, die aufzeigen, dass ökologische Friedensförderung
weitreichende nicht-intendierte Folgen (u.a. Entpolitisierung, Vertreibung, Diskriminie-
rung, Konfliktverschärfung) haben kann (→ Ide 2020). Ein Beispiel stellen Natur-
schutzgebiete in Nordkenia dar. Obgleich diese unter Berücksichtigung des Prinzips
der ökologischen Friedensförderung entstanden, bedingte die Einschränkung von
Weideflächen die sprunghafte Zunahme von Konflikten und Gewalt unter Hirten und
Viehhaltern (Pastoralisten) (→ Müller-Koné et al. 2020). Aktivitäten der Klimavorsorge
und -anpassung drohen daher, bestehende Ungleichheiten zu verstärken und das Auf-
brechen von Gewaltkonflikten wahrscheinlicher zu machen (→ Mirumachi et al. 2019).
KLIMASICHERHEITSPOLITIK IM GLOBALEN VN-RAHMEN
Das Bewusstsein für die friedenspolitischen Herausforderungen des Klimawandels ist
sowohl in den VN als auch in der EU vorhanden und zunehmend weniger umstritten.
Bislang ist dies aber nicht mit der Herausbildung globaler Institutionen einer auf das
Klima fokussierten Friedenspolitik verbunden. In zentralen Initiativen der globalen
Klimapolitik – neben dem Pariser Klimaabkommen sind dies die Ziele der VN für nach-
haltige Entwicklung und der Sendai Rahmenplan für Katastrophenrisikominderung –
werden Klimaveränderungen kaum mit Risiken für Frieden und Sicherheit verknüpft.
Der Sicherheitsrat widmet sich seit 2007 dem Einfluss des Klimas auf die internatio-
nale Sicherheit. Auf die Initiative Deutschlands hin folgte im Jahr 2011 eine präsiden-
tielle Erklärung des Rats, die die Klimaveränderungen als bedrohlich für den interna-
tionalen Frieden markierte. Aber erst seit der Verabschiedung der Resolution 2349 zur
Situation der Region am Tschadsee von März 2017 deutet sich an, dass die VN konkret
Verantwortung für klimabedingte Friedensrisiken übernimmt. Deutschland priori-
siert auch in der aktuellen Ratsmitgliedschaft das Thema Klima und Sicherheit. Im
Jahr 2019 fokussierte das Engagement Deutschlands auf eine breitere Wahrnehmung
des Themas. Dazu dienten die Berliner Konferenz zu Klima und Sicherheit sowie im
Rahmen der VN die von Deutschland mitbegründete Freundesgruppe „Klima und
Sicherheit“ und das informelle und interaktive Sitzungsformat der „Arria-Formel“3.
Der Mechanismus „Klima und Sicherheit“, eine im Oktober 2018 neu gegründete
Einrichtung im VN-System, stellt einen ersten Ansatz dar, klimabedingte Sicherheits- Ökologische Friedens-
förderung gewinnt an
Bedeutung F
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friedensgutachten / 2020
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Titel
- Friedensgutachten 2020
- Untertitel
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.5 cm
- Seiten
- 162
- Schlagwörter
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Kategorie
- Recht und Politik