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risiken umfassend anzugehen. Deutschland sollte die mit dem Mechanismus koope-
rierende Expertengruppe „Klima und Sicherheit“, die Wissen über die lokalen Folgen
von Klimaveränderungen für den Frieden generiert, weiter fördern. Für die Bundesre-
gierung ist die Freundesgruppe „Klima und Sicherheit“ ein weiterer Ansatzpunkt, um
die bestehenden Kapazitäten auf VN-Ebene zu stärken. Mit dem Mechanismus „Klima
und Sicherheit“ lassen sich die Generierung von Wissen zu klimabedingten Risiken
zusammenführen, Klimarisiken adressieren, Ressourcen bündeln und nicht-militäri-
sche präventive Maßnahmen auf regionaler Ebene unterstützen. Zum Beispiel sind
gezielte Maßnahmen der Krisenprävention in Nordafrika und der Sahel-Region, wo
der Klimawandel eine Gefahr für die menschliche Sicherheit darstellt, dringend
erforderlich. Um längerfristige Erfolge mit dem Umgang von klimabedingten Risiken
zu gewährleisten, sollte Deutschland finanzielle Mittel für diese VN-Institution, die
dem Sicherheitsrat zuarbeitet, sicherstellen (→ Dröge 2020).
Diese Versuche der Einbindung eines breiten Spektrums von staatlichen und nicht-
staatlichen Akteuren durch die Bundesregierung sind einerseits lobenswert, bein-
halten andererseits aber die Gefahr, dass der Klimawandel ausschließlich als Sicher-
heitsproblem wahrgenommen wird, welches militärische Antworten erfordere. Die
Bundesregierung sollte stärker als bisher deutlich machen, dass es nicht ihr Ziel ist,
durch Betonung der Risiken des Klimawandels Aufrüstung oder militärische Inter-
ventionen zu legitimieren. Vielmehr sollte sie einem breiteren Sicherheitsverständnis
zum Durchbruch verhelfen, in dem menschliche und ökologische Sicherheit zentral
sind. Deutschland sollte seinen Einfluss während seiner Mitgliedschaft im Rat dafür
nutzen, diesen Ansatz nicht abstrakt, sondern anhand konkreter Krisenfälle zu
thematisieren.
Auf der europäischen Ebene wird die Wahrnehmung des Klimawandels als Risiko für
Frieden und Sicherheit anerkannt. Ein wichtiger Bezugspunkt hierfür ist die Globale
Strategie der Europäischen Union von 2016, die auf das Paradigma des „Risikover-
stärkers“ Bezug nimmt. Auch auf EU-Ebene kommt es darauf an, Tendenzen einer
Verengung auf die Sicherheit im militärischen Sinn entgegenzuwirken und regional
spezifischer zu agieren. Ein Beispiel für eine regionale Initiative ist das Memorandum
of Understanding zwischen der Afrikanischen Union und der Europäischen Union von
2018 über Frieden, Sicherheit und Regierungsführung, welches gezielte Kooperationen
für den Bereich Klima und Sicherheit vorschlägt. Deutschland sollte die EU-Ratspräsi-
dentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 dazu nutzen, Klimasicherheitspolitik als
Politik für Frieden, menschliche und ökologische Sicherheit zu stärken. Dazu muss sie
besser in den Politikfeldern von Krisenprävention, humanitärer Hilfe und Entwick-
lungszusammenarbeit verankert werden.
In der Vergangenheit sind informelle Formate ein wichtiger Mechanismus der Klima-
politik gewesen. 2015 leisteten die G7 durch den Bericht „A climate for peace“ einen Ziel kann es nicht
sein, durch Beto -
nung der Risiken
des Klima wandels
Aufrüstung oder
militärische
Interventionen
zu legitimieren
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40 2020 / Friedenspolitik in Zeiten des Klimawandels / FOKUS
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Titel
- Friedensgutachten 2020
- Untertitel
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.5 cm
- Seiten
- 162
- Schlagwörter
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Kategorie
- Recht und Politik