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Friedensgutachten 2020 - Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
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Sozioökonomische Forderungen spielten in den Massenprotesten des Jahres 2019 eine prominente Rolle. In Chile löste die Erhöhung der Metropreise die Protestwelle aus, in Ecuador die Aufhebung von Treibstoff subventionen, in Frankreich zunächst eine erhöhte Besteuerung von Treibstoff en, dann eine Rentenreform, im Libanon eine Steuer auf Whats- App-Telefonate und im Sudan die Streichung von Brotsubventionen. Dass solch spezifi sche Maß- nahmen zum Ausgangspunkt breiter Mobilisierung werden konnten, verweist auf eine tieferliegende Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerungen mit der wirtschafts- und sozialpolitischen Leistungs- bilanz „ihrer“ Regierungen. Die Protestforderungen beschränkten sich nicht auf das Materielle. In den Demonstrationen arti- kulierte sich generell die Kritik an Eliten, die die Bevölkerung als abgekoppelt wahrnimmt, weil diese die Bedürfnisse und Probleme der „normalen Menschen“ ignorierten. Außerdem richtet sich der Protest gegen politische Systeme, die relevanten Teilen der Bevölkerung keine echten Mitsprache- möglichkeiten einräumen. Deshalb erscheint der Gang auf die Straße als einziger Ausweg. Entspre- chend weiteten sich die Proteste, die zunächst auf die sozioökonomischen Verhältnisse zielten, schnell inhaltlich aus und dauerten auch nach Aufhebung der kritisierten Maßnahmen an. Dies gilt für politische Systeme aller Schattierungen: In Chile, lange als Musterland liberaler Demokratie gefeiert, rückte die Forderung nach einer ver- fassunggebenden Versammlung ins Zentrum der Proteste. In Sudan wurde der Sturz des Diktators Umar al-Bashir und der Übergang zu einer zivilen Regierung erstritten. Im Libanon richten sich die Proteste gegen ein relativ liberales politisches Sys- tem, das einer kleinen Herrscherclique, die sich an der Bereitstellung privater Infrastrukturleistungen bereichert, als Camouflage dient. Gemeinsamer Nenner ist die Kritik an der Dominanz von Oligar- chen in Politik und Wirtschaft, die breiten Teilen der Bevölkerung weder ernsthafte Beteiligungs- chancen noch angemessene Lebensstandards ermöglicht. Dabei ist auffällig, dass sich die Pro- teste in erster Linie an die jeweils nationalen Re- gierungen richteten. Globale Zusammenhänge und externe Akteure wie der IWF standen – anders als in früheren Dekaden – hingegen kaum im Zentrum. 22 Sozioökonomische Proteste und Elitenkritik Menschenmengen auf die Straßen, v.a. in den nordwestlichen Ländern. Während Kli- maproteste auch in anderen Regionen stattfanden, erreichten sie in den meisten Fällen nicht die Schwelle von 50.000 Menschen. Eine Ausnahme sind die südamerikanischen Länder Bolivien und Brasilien, die 2019 von massiven Waldbränden heimgesucht wur- den. Fridays for Future ist so auch die wichtigste „transnationale Protestbewegung“ des vergangenen Jahres gewesen. Während Greta Thunberg als Symbol entscheidend mit zur Mobilisierung beigetragen hat, sind die Protestbewegungen in den einzelnen Ländern in der Hand von unterschiedlichen Graswurzelbewegungen.2 78 2020 / Protestbewegungen, politische Umbrüche und Gewaltrisiken / NACHHALTIGER FRIEDEN
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Friedensgutachten 2020 Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
Titel
Friedensgutachten 2020
Untertitel
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
Verlag
transcript Verlag
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-5381-0
Abmessungen
21.0 x 28.5 cm
Seiten
162
Schlagwörter
Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
Kategorie
Recht und Politik
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