Seite - 98 - in Friedensgutachten 2020 - Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
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für 2020 sieht einen Anstieg der Ausgaben des Bundesverteidigungsministeriums, die
den Löwenanteil der deutschen Militärausgaben ausmachen, um weitere 4 % vor. Die
Bundesregierung signalisierte 2019 der NATO, 2024 einen Anteil der Militärausgaben
am BIP von 1,5 % erreichen zu wollen (→ Bundesregierung 2018). Das entspräche Mi-
litärausgaben von ca. 61 Mrd. € im Jahr 2024. Allerdings sollen laut der vor der Coro-
na-Krise erstellten Finanzplanung des Bundes die Verteidigungsausgaben zwischen
2020 und 2023 nicht weiter steigen und der Anteil am Bruttoinlandsprodukt damit
leicht sinken → 30 /97. Durch Beschlüsse für neue ambitionierte Rüstungsprojekte
wie das gemeinsam mit Frankreich geplante Luftkampfsystem (Future Combat Air
Systems, FCAS) oder einen neuen Kampfpanzer werden aber laufend Finanzbedarfe
fällig, die nur mit deutlich steigenden Ausgaben finanzierbar sein werden. Dies gilt
auch für die Beschaffung von US-amerikanischen, mit Nuklearwaffen bestückbaren
Kampfflugzeugen. Hier besteht die Gefahr, dass die Bundesregierung voreilig die „nuk-
leare Teilhabe“ aufrechterhält, ohne dass die langfristigen politischen, finanziellen und
technische Auswirkungen in einem transparenten Prozess geklärt werden und damit
der Bundestag über eine belastbare Entscheidungsgrundlage verfügt.
Ein Teil der Mittel für gemeinsame europäische Rüstungsprojekte soll in Zukunft aus
dem Haushalt der EU kommen. Der aktuelle Haushaltsentwurf der EU für 2021–2027
sieht Mittel für gemeinsame Rüstungsforschung und -entwicklung von Mitglieds-
staaten in Höhe von 13 Mrd. € vor,2 eine Steigerung um das 22-fache gegenüber dem
vorigen Haushalt für die Jahre 2014–2020, der erstmals Mittel der EU für Rüstungs-
zwecke budgetierte (→ European Court of Auditors 2019). Insbesondere stehen der
Rüstungsforschung erhebliche, neue Finanzmittel in Höhe von 4,1 Mrd. € für einen
Siebenjahreszeitraum zur Verfügung. Alle Mitgliedsstaaten (ohne Großbritannien)
gaben 2018 zusammen etwa 1,6 Mrd. € für diesen Zweck aus.3 Sollten diese Pläne trotz
der Corona-Krise Bestand haben, würde die EU damit zu einem finanziell relevanten
Faktor der Aufrüstung in Europa werden. Rüstungsproduktion und -beschaffung wür-
den komplexer, was nach Ansicht des europäischen Rechnungshofs zu Defiziten in der
Kontrolle führen könnte (→ European Court of Auditors 2019: 61).
RÜSTUNGSHANDEL
Der internationale Handel mit Großwaffen stieg 2015–2019 im Vergleich zum Zeitraum
2010–2014 um 5,5 % an. Die deutschen Waffenexporte stiegen zwischen diesen beiden
Vergleichszeiträumen sogar um 17 % (→ Wezeman et al. 2019). Die fünf größten Expor-
teure sind die USA (36 %), Russland (21 %), Frankreich (7,9 %), Deutschland (5,8 %) und
China (5,5 %) → 31 /99.
Die Bundesregierung genehmigte 2019 Rüstungsexporte im Wert von mehr als 8 Mrd. €
(→ BMWi 2020). Dies ist ein neuer Rekordwert. 2018 hatte die Bundesregierung Rüs-
tungsexporte im Wert von 4,8 Mrd. € (Einzelausfuhrgenehmigungen) an 129 Staaten
bewilligt, mehr als die Hälfte (52,9 %) davon an Drittstaaten (außerhalb der EU, der Ambitionierte
Rüstungs projekte
werden teuer
Massive Erhöhung
der EU-Mittel für
Rüstungsforschung –
bessere Kontrolle
nötig
3
98 2020 / Zwischen Cyberfrieden und Cyberkrieg / RÜSTUNGSDYNAMIKEN
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Titel
- Friedensgutachten 2020
- Untertitel
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.5 cm
- Seiten
- 162
- Schlagwörter
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Kategorie
- Recht und Politik