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Nachdem die USA sich seit Mai 2018 nicht mehr an den Gemeinsamen Umfassenden
Aktionsplan mit Iran halten, verletzt auch Teheran seit Mai 2019 das Atomabkommen.
Bisherige Bemühungen der Europäer, den Handel mit Iran trotz des umfänglichen
US-Sanktionsregimes aufrechtzuerhalten, sind über symbolische Transaktionen etwa
unter dem neuen Instrument INSTEX (Instrument in Support of Trade Exchanges)
nicht hinausgekommen. Effektive Instrumente, die die wirtschaftliche Autonomie Eu-
ropas auch gegen die ökonomischen Druckmittel Washingtons gewährleisten könnten,
sind nicht vorhanden.
Biowaffen: Im Rahmen der Biowaffenkonvention (BWÜ) stieß Deutschland 2019
gemeinsam mit Schweden und den Niederlanden die Einrichtung eines wissenschaft-
lichen Beratungsgremiums (Scientific and Technological Experts Advisory Forum,
STEAF) an. Wohl auch angesichts der schnellen Entwicklung auf den Gebieten der
Genomeditierung und der umweltverändernden Biotechnologien gibt es hierfür der-
zeit ein stärkeres Momentum als in früheren Jahren. Ein Beschluss müsste auf der
Überprüfungskonferenz 2021 aber konsensual gefasst werden. Immerhin verstärkten
viele Staaten ihre Anstrengungen, den Generalsekretärsmechanismus4 zu implemen-
tieren, etwa durch Übungen und den Aufbau eines Netzwerks von Referenzlaboren.
Damit steht dem VN-Generalsekretär ein unabhängiges Instrument für die Untersu-
chung möglicher Einsätze biologischer und chemischer Waffen zur Verfügung, das er
bereits 2013 nutzte, um zu untersuchen, ob das syrische Ghouta mit C-Waffen ange-
griffen wurde.
Chemiewaffen: In der Chemiewaffenkonvention (CWÜ) beschloss die 21. Vertrags-
staatenkonferenz überraschend einhellig die Aufnahme der 2018 in Salisbury verwen-
deten „Novichok“-Substanzen in die Liste 1 der Stoffliste des CWÜ, was zum Stichtag
7. Juni 2020 mit Verpflichtungen zur Deklaration von Produktion und Produktionsan-
lagen verbunden ist. 2019 nahm zudem das Investigation and Identification Team (IIT)
seine Arbeit auf; ein erster substanzieller Bericht ist am 8. April 2020 erschienen; drei
Luftangriffe mit chemischen Waffen wurden darin klar der syrischen Armee zugeord-
net. Nachdem das IIT in einer Mehrheitsentscheidung der CWÜ-Mitglieder, aber gegen
die Stimme Russlands, eingesetzt wurde, bleibt abzuwarten, welche politischen Folgen
der Bericht haben wird. Deutschland hatte 2019 eine Mio. € in den OPCW (Organisati-
on für das Verbot chemischer Waffen) Trust Fund für Missionen in Syrien eingezahlt,
die auch der Arbeit des IIT zugute kommen.
Konventionelle Munition: 2020 befasste sich eine internationale Gruppe von Regie-
rungsexperten (GGE) mit der Verbesserung der Kontrolle überschüssiger konventio-
neller Munitionsbestände. Schon 2008 hatte sich eine GGE zusammengefunden, um
Standards für den Umgang mit konventioneller Munition auf den Weg zu bringen. Die
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102 2020 / Zwischen Cyberfrieden und Cyberkrieg / RÜSTUNGSDYNAMIKEN
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Titel
- Friedensgutachten 2020
- Untertitel
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.5 cm
- Seiten
- 162
- Schlagwörter
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Kategorie
- Recht und Politik