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das KdoCIR zugeordnet ist, soll bis 2021 etwa 14.500 Dienstposten umfassen. Das seit
2018 bestehende Zentrum Cyberoperationen (ZCO) könnte schon bald über die tech-
nischen Voraussetzungen für eine „aktive Verteidigung“ verfügen. Rechtlich umstrit-
ten ist, auf welcher Grundlage die Bundeswehr im Rahmen der Gefahrenabwehr gegen
ausländische Computersysteme vorgehen darf (→ Busch 2020: 3-4). Kritiker werfen
zudem ein, dass darunter die Glaubwürdigkeit deutscher Cyberaußenpolitik leiden
könnte, die sich auf internationaler Ebene für eine Beschränkung militärischer Hand-
lungen im Cyberraum einsetze.
RÜSTUNGSKONTROLLE IM CYBER-BEREICH
Noch kann präventive Rüstungskontrolle eine ungebremste militärische Konfrontati-
on im Cyberraum verhindern, auch weil die tatsächlich möglichen Effekte von Cyber-
attacken noch gar nicht klar sind. Klassischerweise zielt präventive Rüstungskontrolle
auf das gänzliche Verbot oder die Einschränkung der Fähigkeiten bestimmter Waffen-
typen. Im Cyberraum ist ein solches Vorgehen zum Scheitern verurteilt. Denn Cyber-
attacken beruhen nicht auf kinetischer Energie, sondern sie nutzen technische und
organisatorische Schwachstellen des Zielobjekts aus.
Dieses Wissen ist hochgradig volatil, und die globale Detektion und Kontrolle von
Schadsoftware, die auf diesem Wissen beruht, würde jedes Rüstungskontrollregime
überfordern. Das Wassenaar-Abkommen sowie die EU schränken den grenzüber-
schreitenden Verkauf von Software ein, die das Ausspähen oder die Manipulation
fremder IT-Systeme ermöglicht. Den lukrativen Schwarz- und grauen Markt für solche
Produkte, auf dem Cyberkriminelle, private Hacker aber auch Staaten aktiv sind, kann
die multilaterale Exportkontrolle kaum eindämmen.
In einem breiteren Verständnis kann präventive Rüstungskontrolle aber auch als Be-
schränkung im Umgang mit den entsprechenden Waffen verstanden werden. Diverse
Initiativen wollen den militärischen Wettbewerb im Cyberraum einschränken. Sie
richten sich auf die Regulierung von Verhalten, nicht auf ein Verbot von „Cyberwaf-
fen“. Das geschieht auf drei Feldern: (1) der Konkretisierung internationaler Verpflich-
tungen, die sich aus bestehenden völkerrechtlichen Verträgen ergeben, (2) der Verein-
barung rechtlich unverbindlicher, aber politisch wirksamer Verhaltensnormen und
(3) der Entwicklung vertrauensbildender Maßnahmen vor allem auf bilateraler und
regionaler Ebene.
Konkretisierung internationaler Verpflichtungen: Das für Abrüstungsfragen zu-
ständige Erste Komitee der VN-Generalversammlung beauftragt seit 2004 mehrfach
GGE, gemeinsame Prinzipien und Regeln im Cyberraum zu entwickeln. Ein Mei-
lenstein dieser Verhandlungen war das Bekenntnis zur prinzipiellen Gültigkeit und 3
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friedensgutachten / 2020
Präventive Rüs-
tungskontrolle im
Cyberraum
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Titel
- Friedensgutachten 2020
- Untertitel
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.5 cm
- Seiten
- 162
- Schlagwörter
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Kategorie
- Recht und Politik