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Frühe Brücken
Erste Balkenbrücken
Wenn die frühen Menschen in prähistorischer Zeit an
einen nicht zu breiten Fluss in einer bewaldeten Zone
kamen, wuchsen oft an den Flussufern die gut mit Was-
ser versorgten Bäume besonders gut und hoch. Wollten
Menschen den Fluss überqueren, konnten sie versuchen,
einen dieser nahe am Wasser stehenden Bäume mit
ihren Steinäxten möglichst so zu fällen, dass sein Stamm
eine Art einfache Brücke über das Gewässer bildet.
Flachte man den Baumstamm an seiner Oberseite noch
etwas ab, so entstand ein schmaler Steg, der bereits als
eine Art Balkenbrücke gelten kann und genutzt werden
konnte. Mehrere Baumstämme nebeneinander hätten
sogar schon eine frühe archaische Art Brücke formen
können. Darauf hat man angesichts des großen Auf-
wandes beim Fällen jedes einzelnen Baumes sicher ver-
zichtet, wenn es keine unbedingte Notwendigkeit dazu
gab. Eine solche Baumbrücke, bei der an der Unter-
seite Zug- und an deren Oberseite Druckkräfte über
die gesamte auflagefreie Strecke entstehen, kann man
als eine “momentenbelastete“ einfache Balkenbrücke
bezeichnen. Schwimmkörperbrücken
Für die Durchquerung von breiteren Flüssen musste meist
eine Furt an einer Stelle gefunden werden, an der das
Flussbett wenig Gefälle hat, an der das Tal breit ist und
der Flussquerschnitt im Zuge von Mäandrierungen eine
besonders große Breite erreicht und daher eine gerin-
ge Tiefe aufweist. Dort ist auch die Fließgeschwindigkeit
gering und in Kombination mit dem Querschnitt hoch
genug, dass der Gesamtquerschnitt so viel Wasser pro
Zeiteinheit durchlässt, wie an anderen Stellen bei gerin-
gerer Breite und größerer Flusstiefe nur mit wesentlich
höherer Fließgeschwindigkeit.
Bei tieferen und breiteren Flüssen wird man schon bald
die Idee entwickelt haben, mehrere Holzstämme zu
einem Floß zusammenzubinden, um auf einer solchen
frei im Wasser schwimmenden Plattform das andere
Ufer mit Hilfe von Rudern etc erreichen zu können. Die
Erfindung von zugaufnahmefähigen Seilen vielleicht aus
Darm oder aus pflanzlichen härteren Fasern war dafür
Voraussetzung. Die Seilerei dürfte aber auch zu den
ältesten Techniken in der Technikgeschichte des Men-
schen gehören, die im Laufe der Zeit erfunden wurden.
Natürlich konnten statt des Holzes auch aufgeblasene
Tierbälge zur Herstellung von Flößen verwendet wer-
den. Jäger dürften bereits früh die Möglichkeiten der
Nutzung von Bälgen erkannt haben. Sie dürften aber
auch schon sehr früh für den kurzfristigen Transport
von Flüssigkeiten verwendet worden sein. Aufgeblasen
schwimmen Bälge aber eben auch sehr gut. Eine grö-
ßere Zahl luftgefüllter Bälge konnte man mit Stricken
an einem leichten Stangengerüst, das aus einem Ge-
flecht von bambusähnlichen Stäben bestehen konnte,
anbinden. Mit den untergebundenen Bälgen konnte
das eine halbwegs belastbare Plattform, ein Leichtfloß,
ergeben, auf dem Personen und auch Güter über einen
Fluss, einen See oder auch über das Meer übergesetzt
werden konnten.
In ariden Zonen, in denen es keine Wälder entlang
von Küsten gibt, mögen solche Balgflöße sogar in
Doppelfunktion verwendet worden sein. Man konn-
te die Bälge zunächst mit dem in einer ariden Land-
schaft benötigten Wasser gefüllt transportieren und
dann nach Verwendung des Wassers aus etlichen die-
ser Bälge und nach Erreichen eines zu überwindenden
anderen gegenüberstehenden Busch näherten, bis die
ersten Ameisen den zweiten Strauch berührten. Danach
bildeten die Ameisen eine Art lebendige, bewegliche
aus tausenden von Ameisen gebildete Brücke, über
die alle zum gegenüber stehenden Busch gelangten.
Zwischenzeitlich wurde die lebende Ameisenbrücke
mitunter gefährlich schlank und hing manchmal regel-
recht durch. Die letzten Ameisen mussten dann wieder
eine Art Kragkonstruktion an der Zielpflanze bilden, um
den letzten auf dem ersten Strauch noch den Übertritt
zu ermöglichen. Danach bildete sich der vortretende
Ameisenkopf sukzessive zurück. So konnte das gesam-
te Ameisenkollektiv über eine selbst gebildete, lebende
Brücke die andere Bachseite ohne direkte Verbindung
trocken erreichen.
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Titel
- Frühe Brücken
- Untertitel
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Technische Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 306
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen