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Frühe Brücken
nicht sicher. Vermutlich meinte er nur die freie Spann-
weite, die gewöhnlich angegeben wird.
Als Alexander von Humboldt auf seiner Reise durch
Südamerika in Ecuador 1802 den Chimborazo zu
besteigen versuchte, der damals noch trotz seiner nur
6263 m Höhe als der höchste Berg der Erde galt, do-
kumentierte er unter anderem auch im rund 40 km öst-
lich gelegenen Penipe eine Hängebrücke über den Río
Chambo (Humboldt 2004:282, Tafel XXXIII). Penipe
wird auch als Peripe (Humboldt 1943:368B) angege-
geben, was offenbar auf einen Setzfehler zurückgeht.
Der Río Chamba ist ein Nebenfluss des Río Pastaza, der
selbst einer der Hauptnebenflüsse des Amazonas ist.
Die Hängebrücke wurde laut Beschreibung aus Sei-
len und Holzstämmen zusammengebunden. Die Seile
erzeugte man “aus dem faserigen Teil der Agaven-
wurzeln“, vielleicht auch aus den harten Fasern der
Agavenblätter, deren Fasern bis hinunter in die Wur-
zeln reichen. Sie hatten nach Humboldts Angaben
7,5 – 10 cm Stärke und wurden Pita-Seile genannt. Die
graphische Darstellung zeigt geflochtene dicke Taue
und Stricke unter der Brücke, die wie eine Hängematte
über dem Fluss durchhängend über jeweils zwei kräfti-
ge Baumgabeln an den zwei Ufern gespannt wurden
und auf beiden Seiten relativ steil zu den Ankerpunkten
abgespannt waren. Solche Hängebrücken wurden in
der Quechuasprache, die zur Inka-Zeit auch in Ecua-
dor gesprochen wurde, “cimppachaca“ genannt (Hum-
boldt 2004:281).
In die Brücke sind quer zur Laufrichtung und auf bei-
den Seiten auch in die Abspannungen seitlich gleich-
mäßig vortretende Bambusstäbe integriert, welche
die Oberfläche der Brücke bildeten und bei den stei-
len Abspannungen auch eine Art Treppe formten. Alle
Bambusstäbe waren mit den Laufflächentauen sorg-
fältig verbunden. Rechts und links stehen die Stäbe seit-
lich gleichmäßig über. Hier verlaufen auch entlang der
gesamten Brücke niedrige, sich selbst tragende Hand-
lauftaue zur seitlichen Sicherung der Brücke. Unter den
Aufgängen und der Hängebrücke finden sich vier die
Lauffläche tragende Laufflächentaue.
Die Länge der Brücke wird mit 36,58 m, ihre Breite mit
2,44 m angegeben (Humboldt 1943:368b). Ob Hum-
boldt mit der Länge die Gesamtlänge inklusive Auf-
stiege oder nur die freie Spannweite gemeint hat, ist
Brücke bei Penipe in Ecuador
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Titel
- Frühe Brücken
- Untertitel
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Technische Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 306
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen