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17 pologie“ (Bourdieu/Wacquant 2006: 67–69) aus. Nachdem ich in meinem
wissenschaftlichen Arbeiten von einem inter- und transdisziplinären Umfeld,
den Forschungsfeldern der Internationalen Entwicklung und der NachhaltigkeitsÂ
wissenschaften sowie konstruktivistischem/postkolonialem Denken geprägt
wurde, erscheint mir ein Sprachstil, durch den ich mich selbst ausklammere,
nicht angemessen. Deshalb wähle ich für meinen praxeologischen Selbstver-
such einen eher literarischen Schreibstil, der im wissenschaftlichen Kontext
nicht sehr verbreitet ist. Ich lasse mich hier von Roland Barthes’ unkonven-
tionellem Umgang mit Fotografie und Worten inspirieren, wobei ich vor allem
von Barthes Werken „Über mich selbst“ (1978) und in „Die helle Kammer“
(1985) ausgehe. Dazu bediene ich mich der Methode des Fotoessays, in der Wort
und Bild einen gleichberechtigten Status einnehmen, also keines der beiden
Elemente das jeweils andere nur unterstĂĽtzen soll (Rose 2012: 318ff.). Ich ver-
fahre anhand jener Praxis, aus der sich das vorliegende Forschungsprojekt
speist: meinem eigenen Tun als Fotografin in Kombination mit methodischen
Ansätzen der Arbeit des Vereins ipsum3 und meiner Auseinandersetzung mit
zentralen theoretischen Ansätzen, meinen Präkonzepten. Ich stelle mir die
Aufgabe, Bild- und Theoriearbeit als selbstreflexiven Prozess zu betreiben.
Ich gehe dabei den kulturellen (biografischen, gesellschaftlichen, wissenschaft-
lichen) Aspekten meines persönlichen Berührtseins vom Forschungsgegen-
stand nach und lege sie offen. Ich expliziere mein Erfahrungswissen und meine
theoretische Verortung unter BerĂĽcksichtigung der mir eigenen apriorischen
Kategorien, Sichtweisen, Werte und Haltungen (Breuer 2010).
Kapitel 3 Fotografisch-visuelle Methodenentwicklung
In Kapitel 3 stelle ich die Frage nach der Konzeptualisierung und methodolo-
gischen Rahmung eines Prozesses fĂĽr die Anwendung von fotografischer
Praxis beim Arbeiten mit Menschen verschiedener Wissens- und Erkenntnis-
kulturen. Ausgehend von einer Systematisierung des Methodenpools, der seit
2003 im Rahmen von ipsum-Projekten zur Anwendung gebracht und weiter-
entwickelt wird, arbeite ich — mithilfe von Ablaufskizzen, Projekt- und Refle-
xionsprotokollen — die Kernelemente dieser Praxis heraus. Es werden die
zentralen theoretischen Konzepte ausgefĂĽhrt, die dem methodologischen
Rahmen Generativer Bildarbeit zugrunde liegen, und damit der Begriff an sich
erläutert. Das Generative beschreibe ich anhand meiner Auseinandersetzung
mit der Bildungspraxis von Paulo Freire.4 Dafür erläutere ich den Kontext und
die Umsetzung von Freires Alphabetisierungskampagnen in Brasilien und
die Rezeption seines Bildungsverständnisses, der conscientizacão (Freire 1980,
1981). Daraus erarbeite ich die konstitutiven Elemente generativen Arbeitens
bei Freire und stelle diese anhand eines Modells, das ich als Haus der generativen
Bildung bezeichne, dar. Den Begriff der Bildarbeit erläutere ich anhand einer
3 Der Verein ipsum arbeitet im Bereich der interkulturellen Dialog- und Bildungsarbeit und
setzt dabei vorrangig fotografisch-visuelle Methoden ein (www.ipsum.at).
4 Die theoretischen Ausarbeitungen basieren auf dem Aufsatz „Auf der Suche nach
Räumen generativer Bildung“ (Brandner/Winter/Vilsmaier 2015), der im Sammelband „Bildung und
ungleiche Entwicklung“ (Faschingeder/Kolland 2015) veröffentlicht wurde.
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien