Seite - 25 - in Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Bild der Seite - 25 -
Text der Seite - 25 -
25 schaftler zwar nicht in der sozialen Struktur im weiteren Sinn, aber
doch im Mikrokosmos des akademischen Felds innehat, das heiĂt
im objektiven Raum jener geistigen Positionen, die sich ihm zu einem
bestimmten Zeitpunkt bieten, und darĂŒber hinaus im Feld der
Macht.â (Bourdieu/Wacquant 2006: 67)
Es geht auf dieser Ebene darum, die Denkschulen und damit auch die Glau-
bensbekenntnisse aufzuzeigen, die mich beeinflussen, und mein Nah- oder
DistanzverhÀltnis zu bestimmten Erkenntnistheorien transparent zu machen.
Die anschlieĂende dritte Ebene der praxeologischen ReflexivitĂ€t wird von
der Frage geleitet, worin die unbewussten Denkkategorien bestehen, die das
Denken und Handeln in der eigenen Disziplin vorab bestimmen und begrenzen
(Bourdieu 1985: 51).
âWas hier der stĂ€ndigen PrĂŒfung unterzogen und im Akt der Konstruk-
tion des Objekts selbst neutralisiert werden muĂ, ist das kollektive
wissenschaftliche UnbewuĂte, das in die Theorien, Probleme und
(insbesondere nationalen) Kategorien der akademischen Vernunft ein-
gegangen ist.â (Bourdieu/Wacquant 2006: 68â69)
Wenn LoĂŻc Wacquant den praxeologischen Dreischritt von Bourdieu beschreibt
und diese Ebene als dritte und wichtigste in Abgrenzung zu ethno-methodo-
logischen AnsÀtzen verortet, schreibt er aus der Perspektive eines Soziologen.
Aus seiner Sicht muss âdas Subjekt der ReflexivitĂ€t in letzter analytischer
Instanz das Feld der Sozialwissenschaften selber sein.â (ebd.: 69). Wenn wiede-
rum ich diesen Dreischritt vollziehen möchte, muss ich dies aus einer undis-
ziplinierten Perspektive heraus tun â mein Subjekt der ReflexivitĂ€t muss
demzufolge in letzter analytischer Instanz das Feld zwischen den Disziplinen
sein. Es gilt fĂŒr mich, erst dieses Feld fassbar zu machen, um dann meine
Position darin und ebenso die diese bestimmenden Kategorien, Denkweisen
und Praxisformen zu erkennen. Dies kann ich nicht alleine in umfassender Form
leisten, denn was Bourdieu als Objektivierung des objektivierenden Subjekts
beschreibt, muss als kollektiver Prozess begriffen werden, der erst durch
wechselseitige Kritik und eine grundsÀtzlich dialogische Haltung ins Laufen
gebracht wird.
âDank der Dialogik von öffentlicher Diskussion und wechselseitiger
Kritik wird die Arbeit der Objektivierung des objektivierenden Subjekts
nicht von einem einzigen Autor geleistet, sondern von den Inhabern
aller antagonistischen und komplementÀren Positionen, die das wissen-
schaftliche Feld bilden. Um in der Lage zu sein, reflexive wissenschaft-
liche Habitus [sic] zu produzieren und zu fördern, muà dieses Feld
nÀmlich die ReflexivitÀt in Gestalt der Mechanismen von Ausbildung,
Dialog und kritischer Evaluierung institutionalisieren.â (ebd.: 69)
Die Praxeologie nach Bourdieu wurde von mir als erkenntnistheoretische
Leitplanke fĂŒr das Forschen im Rahmen der vorliegenden Arbeit genommen,
weil ich damit einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Diskrepanz
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, SituationalitÀt, ReflexivitÀt
- Kategorie
- Medien