Seite - 37 - in Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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37 So basiert der empirische Teil der vorliegenden Forschungsarbeit
auf Lehrveranstaltungen, die ich im Sinne des Forschenden Lernens am Insti-
tut für Internationale Entwicklung in Wien und als wissenschaftliche Mit-
arbei terin am Methodenzentrum der Leuphana durchgeführt habe. In den
Lehrveranstaltungen wurden Themen nachhaltiger Entwicklung mittels foto-
grafischer Praxis bearbeitet. Ich legte diese Lehrveranstaltungen nach dem
Kozept der Fotoprojekte an, die ich bereits in außeruniversitären Zusammen-
hängen mit dem Verein ipsum durchgeführt hatte, und kombinierte dieses
praxis
orientierte Modell mit der Lektüre und Diskussion von fototheoretischen
Texten. Diese Kombination sollte es den Studierenden erlauben, die eigene
Wahrnehmung in den Bereichen des interkulturellen Dialogs und der nach
haltigen Entwicklung zu schärfen und ihre Reflexionen über das eigene Tun
theoretisch zu stützen. Der Einfluss von Bilderwelten auf die eigene Weltwahr-
nehmung und deren kulturbezogene Interpretation konnte dadurch erfahrbar
und verhandelbar werden. Als methodologischer Rahmen diente in diesen
Lehrveranstaltungen die Generative Bildarbeit. Die Studierenden fotografierten
selbstständig in ihrem Alltag, um in der Folge eine Bildauswahl als Basis für
dialogische Prozesse in der Gruppe einzubringen. Ihren forschenden Lern-
prozess entwickelten und förderten sie durch das Führen eines Forschungs-
tagebuchs. Im Rahmen meiner Lehrtätigkeit konnte ich auf diese Weise bei
diversen Lehrformaten mitwirken, die sich der undisziplinierten Methoden-
lehre verschrieben hatten, etwa bei Übungen zum Thema Interkulturalität,
Lehrveranstaltungen zu fachübergreifenden Methoden, beim Studium Indivi-
duale, beim Komplementärstudium sowie bei verschiedenen Forschungs-
seminaren. In diesen undisziplinierten Lehrformaten wurde von Studierenden
und Lehrenden gleichermaßen erwartet, sozusagen einen Blick über den Teller-
rand der eigenen Disziplin hinaus zu wagen. Die Heterogenität innerhalb
der Gruppen erwies sich als Herausforderung — sowohl im konkreten Lehr-
kontext als auch allgemein auf der Ebene bestehender Universitätsstrukturen
(Huber 2009: 26). Die Studierenden kamen aus völlig unterschiedlichen Wis-
sensfeldern, Lehr- und Lernkulturen und brachten verschiedenste Erfahrungen
und Wissensformen mit. Die einen standen am Studienbeginn und hatten
sich noch nicht so sehr auf eine spezielle Disziplin eingelassen. Die anderen
hatten sich bereits für Studienfächer entschieden, die an sich überfachlich
und interdisziplinär konzipiert waren (wie beispielsweise in den Nachhaltig-
keitswissenschaften und der Internationalen Entwicklung). Die Heterogenität
der Studierenden-Gruppen kann grundsätzlich als Chance im Rahmen des
Forschenden Lernens betrachtet werden, wenn Perspektivenvielfalt durch
soziale Interaktion als didaktisches Prinzip Anerkennung erfährt — und genau
hieraus ergab sich der Forschungsgegenstand meiner Arbeit: die Menschen
und ihre Interaktionen.
1.4.3 MENSCHEN UND IHRE INTERAKTIONEN ALS
FORSCHUNGS GEGENSTAND
„Eine der unbeabsichtigten Konsequenzen der Existenz und der
Persönlichkeit des Wissenschaftlers ist, daß die Quasi-Beweglichkeit
der Grenze zwischen Beobachter und Objekt ihre Parallele in der
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien