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eben Ăsterreich mit dem Zug durchquerte; in Form der offenen Fragen, die
ich mir stellte und die Josh, ohne Aufforderung, eine nach der anderen aufgriff
und mir beantwortete; und schlieĂlich im Migrationszusammenhang von
Homi Bhabha und Josh â dem inbetween zwischen Indien und Nordamerika.
âTo that end we should remember that it is the âinterâ â the cutting edge
of translation and negotiation, the inbetween space â that carries the
burden of the meaning of culture. It makes it possible to begin envisag-
ing national, anti-nationalist histories of the ,peopleâ. And by exploring
this Third Space, we may elude the politics of polarity and emerge as
the others of ourselves.â (Bhabha 2004: 56)
2.1.2 IN SACHSENBURG
Ich bin in Sachsenburg, einer kleinen KĂ€rntner Gemeinde, aufgewachsen.
Christliche Werte wurden in meiner Familie groĂgeschrieben, der Kirchgang
am Sonntag war obligatorisch. Wir waren gerne unter Leuten. Ich war bei der
Jungschar, im Chor und beim Blasmusikverein. Zu den Gastarbeiter_innen im
GebÀude drei HÀuser weiter hatten wir keinen Kontakt, weder zu den Leuten
aus der TĂŒrkei noch zu jenen, die vermehrt aus dem zerstörten Jugoslawien
kamen. Im Laufe der Zeit kamen auch MĂ€nner aus Afrika in diesem Haus unter.
âLook, a Negro ... Mama, see the Negro! Iâm frightened ... I could no
longer laugh, because I already know where there were legends, stories,
history, and above all historicity ... Then, assailed at various points, the
corporeal schema crumbled, its place taken by a racial epidermal
schema ...â (Fanon 1967: 112)
In Sachsenburg habe man schon immer âNegerâ gesagt, hieĂ es. Rassistische
und ausgrenzende Worte kamen auch im Vokabular meiner Eltern vor â nicht
um zu beschimpfen, aber um zu bezeichnen, was sie vor unserer HaustĂŒr und
auch auf Reisen beobachtet hatten. Sie machten Urlaub in Kenia, mein Vater
filmte mit seiner Super-8-Kamera; daheim zeigten sie uns Kindern die Filme
und erzÀhlten von ihren Erfahrungen in Afrika. Ich war von den Stummfilmen
und den ErzÀhlungen meiner Eltern fasziniert und sehnte mich bald danach,
selbst zu reisen. Mit den MĂ€nnern aus Afrika im Nachbarhaus â wir haben
nie nachgefragt, woher sie eigentlich genau kamen â hatten wir trotz unserer
christlichen Werthaltung und Weltoffenheit nach wie vor keinen Kontakt.
âPrivate and public, past and present, the psyche and the social develop
an interstitial intimacy. It is an intimacy that questions binary divisions
through which such spheres of social experience are often spatially
opposed. These spheres of life are linked through an âinâbetweenâ tem-
porality that takes the measure of dwelling at home, while producing
an image of the world of history.â (Bhabha 2004: 19)
Ich betreibe Othering (Spivak 1985), ich unterscheide zwischen uns und
den Anderen, um Bilder von mir zu konstruieren und immer wieder neu zu
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, SituationalitÀt, ReflexivitÀt
- Kategorie
- Medien