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Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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86 wieder in den Fokus der Bildung gelangen (Freire 2007). Um die Bedeutung von Neugier nachvollziehbar zu machen, unterscheidet Freire drei Formen der Neugier: die alltägliche, die ästhetische und die epistemologische Neugier (ebd.: 90–91). Die alltägliche und die ästhetische Neugier beschreibt er beide als spontan und ohne methodische Sorgfalt. Die alltägliche Neugier sieht er dabei als Voraussetzung jeglichen Lernens und als „Grund bestandteil des mensch- lichen Lebens, der Existenz.“ (ebd.: 90). Demgegenüber lenke die ästhetische Neugier ab vom Treiben des Alltags, lasse innehalten und löse Momente des Staunens aus. Durch diese beiden Formen der Neugier, hier zusammengefasst als spontane Neugier, erleben und ent decken wir Dinge in unserem Umfeld, können diese wahrnehmen und ihnen in unserer Wahrnehmung nahe sein, jedoch durch diese Nähe noch keine kritische Reflexion über sie entwickeln. Die spontane Neugier verortet Freire im konkreten Kontext. Im Gegensatz dazu definiert er die epistemologische Neugier als Drang, zu hinterfragen, was wir erleben und erfahren. Diese Form der Neugier könne, so Freire, nicht im konkreten Kontext entwickelt werden, sondern brauche einen theoretischen Kontext (ebd.: 91): die Abstraktion. Während die spontane Neugier von der Frage „Was?“ geleitet werde und nach beschreibenden Antworten suche, werde die epistemologische Neugier im theoretischen Kontext geweckt und von den Fragen „Warum?“, „Woher?“ und „Wie?” geleitet, die zum Hinterfragen veranlassen. Das alltägliche Treiben verhindere in der Regel die Entstehung eines theoretischen Kontexts: Es fehle hier an Zeit, Aufmerksamkeit und meist auch an Dialogpartner_innen. Bildungs- und Forschungseinrichtungen könnten sich jedoch als geeignete Orte für die Herstellung eines theoretischen Kontexts erweisen — sie sollten als Bildungsräume dienen, in denen der epistemologischen Neugier nach gegangen werden kann. Hieraus lassen sich zentrale Fragen für eine generative Bildungs- und Forschungspraxis ableiten. Zunächst: Wie kann die alltägliche Neugier beteiligter Menschen auf verschiedenen Ebenen zu epistemologischer Neugier werden? Ein möglicher theoretischer Ansatz dazu könnte vom Zusammen- hang von Differenzerfahrung und Neugier ausgehen: Spontane Neugier kann zu einer Differenzerfahrung führen und diese kann wiederum dazu motivieren, epistemologische Neugier zu entwickeln und in der Folge ein reflexives Subjekt zu werden. In Freires Alphabetisierungsprojekten wurden konkrete Methoden dazu entwickelt. Das Erforschen von und das Arbeiten mit genera- tiven Wörtern, Bildern und Themen kann auch als reichhaltiger Methoden- pool abseits von Alphabetisierungsprojekten betrachtet werden und in der aktuellen Bildungspraxis zur Anwendung kommen. Dazu schlage ich ein „re- inventing“ von Freires Ansatz auf der Ebene der Entwicklung von Lehr- inhalten vor: Was, wenn die Subjekte eines Bildungsprozesses von Anfang an die Schüler_innen wären und diese selbst als Forscher_innen in den eigenen Alltag gingen und dabei beobachten, zuhören und informelle Gespräche oder auch Interviews führen würden? Sie würden wichtige Aussagen und Beobach- tungen sammeln und mithilfe der Lehrer_innen analysieren. Dabei würden die Schüler_innen ihre generativen Wörter und Themen erschließen, um diese in die verschiedenen Unterrichtsfächer einzubringen, wo sie im jeweiligen theoretischen Kontext zu verhandeln wären. Die Lehrer_innen würden die
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Generative Bildarbeit Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Titel
Generative Bildarbeit
Untertitel
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Autor
Vera Brandner
Verlag
transcript Verlag
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-5008-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
276
Schlagwörter
Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
Kategorie
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