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gemacht werden konnte. In den verschiedenen Methodenschulen der Grounded
Theory werden unterschiedliche Modelliervorschläge beschrieben, die je nach
Kontext ausgewählt und angepasst werden können (Glaser 1978; Strauss
1998). In der vorliegenden Forschungsarbeit stellte sich das Kodierparadigma
nach Anselm Strauss (1998: 56–57) als geeignete Systematik heraus. Dabei
wurden die möglichen Schlüsselkategorien auf ihre ursächlichen Bedingungen
hin untersucht, ihre Kontexteigenschaften herausgearbeitet und intervenieren-
de Bedingungen im jeweiligen Kontext beleuchtet. In einem weiteren Schritt
wurden die Umgangsformen und Handlungsstrategien der beteiligten Men-
schen und die Konsequenzen dieser Handlungsstrategien beschrieben (Breuer
2010: 86). Sobald sich durch Modellierexperimente mit den möglichen Schlüs-
selkategorien anhand des Kodierparadigmas eine modellhaft-theoretische
Gegenstandssystematik herausbildete, konnte eine zentrale Schlüsselkategorie
festgelegt werden (ebd.: 107). Diese wurde anhand folgender Eigenschaften
herausgearbeitet (ebd.: 67–68):
• Sie sollte zentral sein und häufig vorkommen.
• Sie sollte sich mühelos in Beziehung zu den anderen Kategorien
setzen lassen.
• Die Bedeutungsvielfalt der Daten sollte sich in der Beziehung zwi-
schen der Schlüsselkategorie und den Subkategorien widerspiegeln.
• Mithilfe der Schlüsselkategorie sollten sich Theorien entwickeln lassen.
Das axiale Kodieren basierte vorerst, beim Bestimmen der Eigenschaften
und Beziehungen der Kategorien, auf einer induktiven Herangehensweise,
ging jedoch in ein deduktives Vorgehen über, sobald mögliche Schlüssel-
kategorien durch Theoretisches Sampling überprüft wurden. Dadurch beweg-
te ich mich sehr nahe an den Daten. Beim Modellieren wurde abduktiv vor-
gegangen. Hierbei galt es, Distanz zu den Daten zu gewinnen, um dadurch
einen kreativen Denkprozess zu ermöglichen und neue Ideen in den Prozess
ein fließen zu lassen.
Anhand der Schlüsselkategorie kristallisierte sich aus den vielen
Geschichten, die in den Daten stecken, eine Geschichte heraus, deren roter
Faden durch selektives Kodieren offengelegt und ausgearbeitet werden konnte
(Strauss/Corbin 1996: 95). Um die Schlüsselkategorie zu überprüfen, zu bestä-
tigen bzw. zu widerlegen, konnten an dieser Stelle nochmals — im Sinne des
Theoretischen Samplings — weitere Datenquellen herangezogen werden.
Diese wurden durch selektives Kodieren auf die Schlüsselkategorie hin unter-
sucht (Breuer 2010: 84–85; Böhm 2012: 479). Alle der Schlüsselkategorie nach-
geordneten Kategorien und Subkategorien wurden systematisch zu ihr in
Beziehung gesetzt. Dabei sollte möglichst gut nachvollziehbar gemacht wer-
den, woher einzelne Begriffe und Konzepte stammten. Begriffs- und damit
auch Konzeptimporte aus bestehenden Theorien mussten Beachtung finden,
um transparent zu machen, dass mit diesen stets Bedeutungsfelder importiert
werden, die nicht datenbasiert sind. Ziel war es, auszudifferenzieren, was die
verwendeten Begriffe und Konzepte in verschiedenen Zusammenhängen
bedeuteten, wie sie im konkreten Fall gebraucht wurden und welche Bedeu-
tung sie für die generierte Theorieskizze hatten. Während das Modellieren
beim selektiven Kodieren vorerst noch von abduktiven Momenten geprägt
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien