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die Beine) fotografiert, damit man die Personen später auf dem Foto nicht
erkennen kann.
B Motivwahl — Spiegelbild und Selbstporträt Eine weitere Gestal-
tungsform bei der Motivwahl besteht darin, nicht andere Menschen, son
dern
sich selbst zu fotografieren. Hierbei werden von den Teilnehmer_innen Kon-
zepte mit verschiedenen Materialien entwickelt. Immer wieder wird das eigene
Spiegelbild bzw. Selbstporträt auch mit Porträts von anderen Menschen kom-
biniert, wobei es sich meist um die Umsetzung theoretischer Fragen zu Selbst-
und Fremdbildern auf praktischer Ebene handelt. In den Forschungstage-
bĂĽchern finden sich zahlreiche Belege dafĂĽr, dass die Teilnehmer_innen anhand
von Spielgelbildern und Selbstporträts ihr eigenes Tun und Denken reflektieren,
und zwar sowohl in Bezug auf konkrete Fotokonzepte als auch hinsichtlich
ihrer eigenen Person. Selbstreflexion findet gleichermaĂźen beim Konzipieren
und Umsetzen der Fotokonzepte statt. Die Teilnehmer_innen setzen beispiels-
weise sich selbst in Bezug zu ihren ethischen Idealen und erproben diese
Ideale am eigenen Leib. Praxis und Theorie werden miteinander verwoben.
C Motivwahl — Fotografieren ohne Menschen Bei der Motivwahl
ergibt sich als dritte Gestaltungsform jene, keine Menschen zu fotografieren.
Es werden stattdessen Räume, Landschaften und Gebäude fotografiert. Dabei
wird Raum in kleinen und in groĂźen Dimensionen dargestellt und aus ver-
schiedenen Perspektiven beleuchtet. Menschenleere Räume werden bewusst
in Szene gesetzt, um durch die Abwesenheit von Menschen auf den Bildern
Diskussionen zur Thematik „Mensch und Gesellschaft“ anzuregen. Es handelt
sich bei diesen Zugängen um verschiedene Varianten von Symbolbildern, bei
denen keine Menschen, jedoch verschiedene Gegenstände und Materialien in
irgendeiner Form menschliche Interaktion repräsentieren oder darauf ver-
weisen. Die Teilnehmer_innen bauen kleine BĂĽhnen und verwenden diverse
Objekte als Motive. So entstehen Allegorien, Abstraktionen und Stillleben.
Es kommen diverse Materialien zum Einsatz, bestehende Bilder werden mit
Schriftbildern kombiniert.
Gestaltungsebene 2: Perspektivenwechsel
Die Teilnehmer_innen nehmen beim Fotografieren verschiedene Perspektiven
ein und nutzen die Perspektivenvielfalt fĂĽr die Umsetzung ihrer fotografischen
Projekte, aber auch als Anregung beim Betrachten und Diskutieren ĂĽber Bilder
und Themen. Dies geschieht einerseits auf einer technischen Ebene, indem
bewusst verschiedene Perspektiven beim Fotografieren eingenommen werden
und so die Wirkung verschiedener Blickwinkel ausgelotet wird. Dadurch ent-
stehen Bilder, die den Betrachter_innen ungewohnte Ansichten bieten, Raum
wird mehrdimensional erfahrbar. Das Hilfsmittel Spiegel spielt dabei ebenso
eine Rolle wie das Spiel mit Nah- und Distanzverhältnissen. Andererseits wird
Perspektivenwechsel auf einer gedanklichen Ebene möglich — die Teilneh-
mer_innen werden angeregt, ihre diversen Ansichten zu teilen und Perspektiven-
wechsel durch die Meinungsvielfalt in der Gruppe zu erleben.
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien