Seite - 215 - in Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Bild der Seite - 215 -
Text der Seite - 215 -
215 und Stereotypen. Es wird thematisiert, dass fixierte Ansichten und fotografische
Abbilder sich zwar als Ausschnitte einer bestimmten Wirklichkeit betrachten
lassen, jedoch nie die „Gesamtheit einer Wirklichkeit“ repräsentieren können.
Die Diskrepanz zwischen Abbild und Wirklichkeit wird beispielsweise disku-
tiert, wenn die Teilnehmer_innen im Bilddialog Orte oder Menschen auf
Fotos wiedererkennen, die ihnen jedoch plötzlich fremd erscheinen. Manch-
mal wiederum versuchen die Teilnehmer_innen, eine Situation genauso im
Bild festzuhalten, wie sie sie erleben, und sind später enttäuscht, dass gewisse
Aspekte einer Stimmung bzw. Atmosphäre über das fotografische Abbild nicht
(oder nur bruchstückhaft) transportiert werden können.
Reflexionsebene 2 Selbst-/Fremdbilder
Auf der Wahrnehmungsebene entwickeln die Teilnehmer_innen Reflexions-
inhalte zur Selbst- und Fremdwahrnehmung. Darüber werden durch das Wech-
selverhältnis der verschiedenen Gestaltungsformen Diskussionen angeregt. Die
Teilnehmer_innen diskutieren die Vielfalt von Selbst- und Fremd bildern, die
im fotografischen Spannungsfeld entstehen. Sie beginnen einen vertiefenden
Reflexionsprozess darüber, in welchem Verhältnis sie selbst zu den Anderen
und auch zum fotografischen Spannungsfeld stehen, auf das sie sich einlassen,
sobald sie fotografieren. Es geht bei diesen Auseinander setzungen vorrangig
um das Erkennen von Wechselverhältnissen, d. h., die Teilnehmer_innen setzen
sich mit ihren eigenen und den Grenzen der Anderen bewusst auseinander.
Das führt in der Regel zur Frage, wie man diese Grenzen erkennen und respek-
tieren kann. Diese Beschäftigung (als Fotografin, aber auch als Motiv und
Betrachter_in) regt zum Nachdenken und Sich-Eindenken in die Seinswelt der
Anderen an. Vor allem in den Bilddialogen, in denen Teilnehmer_innen Selbst-
porträts präsentieren, werden Selbst- und Fremdbilder offen zur Sprache
gebracht. In solchen Dialogrunden wird meist auch über ethische Ideale dis-
kutiert. Es geht dabei um Fragen der Repräsentation, die in der Darstellung
anderer Menschen, aber auch auf performative Weise bearbeitet werden.
Reflexionsebene 3 Raum/Gesellschaft
Reflexionsinhalte auf der Raumebene führen zur Beschäftigung mit
Fragen nach der Definition und Auffassung von „Raum und Gesellschaft“.
Ihre Reflexionsinhalte auf der Raumebene entwickeln die Teilnehmer_innen
in der Auseinandersetzung mit persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen
und beim Nachdenken über gesellschaftspolitische Zusammenhänge. In Dis-
kussionen werden bestehende Bedingungen hinterfragt und Handlungsstrate-
gien entwickelt, um diese Bedingungen zum Besseren zu verändern. Es wird
nachgedacht und diskutiert, wie und ob vorhandener Raum genutzt werden
kann und wie Raum als Gemeingut Geltung bekommen könnte. Die Frage der
Raumnutzung führt weiter zur Auseinandersetzung mit dem Begriff der
Freiheit und der Suche nach Räumen, in denen diverse Freiheitsbestrebungen
ausgelebt werden können. Die Abbildungen von menschenleeren Räumen
regen dazu an, über zwischenmenschliche Begegnung nachzudenken. Es
wird überlegt, welche Art von Räumen eine Begegnung begünstigen oder über-
haupt erst möglich machen. In diesem Zusammenhang auch diverse Gegen-
satzpaare thematisiert, wie: drinnen/draußen, privat/öffentlich, Individuum/
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien