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Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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227 Gelehrten namens Alhazen als camera obscura beschrieben — lange bevor die chemischen Prozesse zum Festhalten von Bildern erforscht waren (Belting 2009: 110–111). Zu diesen, d. h. den chemischen Eigenschaften der Fotografie, setzt Barthes die Rolle des spectator in Bezug. Erst seitdem — durch die Erkenntnisse von Joseph NicĂ©phore NiĂšpce (1826), Louis Jacques MandĂ© Daguerre (1837) und anderer Forscher_innen — fotografische Projektionen in der camera obscura auf einem BildtrĂ€ger (zuerst Glas und Holz, spĂ€ter Papier, dann PVC) festgehalten werden können, gibt es Fotos. Damit wird die Foto- grafie auch fĂŒr Betrachter_innen relevant. Inzwischen haben elektronische Prozesse die chemischen weitlĂ€ufig ersetzt und fĂŒhren zur beschleunigten Produktion, Reproduktion und Verbreitung von Bildern, was im Rahmen des Paradigmenwechsels rund um eine visuelle Zeitenwende zu kontroversiellen Auseinandersetzungen im Feld der visuellen Kultur fĂŒhrt. Dieser Paradigmen- wechsel vollzieht sich seit den 1970er-Jahren an der Schnittstelle zwischen Sozial- und Kulturwissenschaften. Die Fotografie und die BeschĂ€ftigung damit als Alltags- und WissenschaftsphĂ€nomen, die Fotografie als zeichen- hafte Darstellung von Wirklichkeit, die Fotografie als Praxisfeld — sind wesentliche Aspekte, die in den verschiedenen Ausformungen des cultural turn (Bachmann-Medick 2010) diskutiert werden. Es besteht damit die Mög- lichkeit, die Anerkennung von und die Hinwendung zu gegensĂ€tzlichen Wahrnehmungs- und Handlungsformen sowie die Förderung von kritischem Reflexionspotential in den Fokus zu stellen. Diese erkenntnistheoretische Wendung zum Bildlichen kann auf technischer Ebene im Übergang von analoger zu digitaler Bildtechnik gesehen werden und tritt nicht zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte auf. Nach Mitchell ist „die Vorstellung eines ,turn‘ [
] weder auf die Moderne noch auf die zeitgenössische visuelle Kultur beschrĂ€nkt. Sie ist eine Trope oder Denkfigur, die viele Male in der Geschichte der Kultur auftritt, gewöhnlich dann, wenn irgendeine neue Reproduktionstechnologie oder eine Reihe von Bildern, die mit neuen sozialen, politischen oder Ă€sthetischen Bewegungen assoziiert werden, die BĂŒhne betritt.“ (2009: 320) Dennoch wird die Vorstellung einer visuellen Zeitenwende in Anschluss an den pictorial turn (Mitchell 1997) und den iconic turn (Boehm 2007) mit kultur- wissenschaftlichen Publikationen um die Jahrtausendwende weiter gefestigt (Bredekamp 2000: 34). Auch wenn sich die technischen Parameter und die Diskussion ĂŒber Fotografie fortlaufend weiterentwickeln und immer wieder neu entspinnen,24 lĂ€sst sich im fotografischen Spannungsfeld ein bestĂ€ndiges Charakteristikum der Fotografie erkennen, das Roland Barthes (1985) als das Wesen der Fotografie beschreibt. Es handelt sich dabei um das Kontinuum, 24 Siehe Theorieentwicklung im Rahmen des Visual Turn: Doris Bachmann-Medick: Cultural turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Hamburg 2010. Gottfried Boehm: „Iconic Turn“. Ein Brief, in: IFK, Internationales Forschungszentrum fĂŒr Kulturwissenschaften (Hg.), Bilderfragen. Die Bildwissenschaften im Aufbruch, MĂŒnchen 2007, S. 27–36. William J. T Mitchell: Der „Pictorial Turn“, in: Christian Kravagna (Hg.): Privileg Blick. Kritik der visuellen Kultur, Berlin 1997, S. 15–40.
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Generative Bildarbeit Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Titel
Generative Bildarbeit
Untertitel
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Autor
Vera Brandner
Verlag
transcript Verlag
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-5008-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
276
Schlagwörter
Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, SituationalitÀt, ReflexivitÀt
Kategorie
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