Seite - 249 - in Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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249 Im Folgenden werden jene methodologischen Eigenschaften der
Generativen Bildarbeit ausgeführt, die sich aufgrund der vorliegenden For-
schungsarbeit als besondere Qualitäten für transdisziplinäre Grenzarbeit
beschreiben lassen:
Das Erarbeiten generativer Bilder und Themen
Durch Generative Bildarbeit können innerhalb eines vorgegebenen Forschungs-
kontextes — zum Beispiel: Umwelt, Migration, Bildung — die rele
vanten For-
schungsthemen von den beteiligten Menschen generiert werden. Der Prozess
des transdisziplinären Problemframing (Jahn 2008) kann als gemeinsamer Pro-
zess unter Partizipation aller Beteiligten im Forschungsfeld vollzogen werden.
Die relevanten Themen und Fragestellungen lassen sich in einem kollektiven
Prozess erarbeiten und verhandeln, indem Fotos aller Beteiligten in Dialog-
gruppen diskutiert und reflektiert werden. Durch Generative Bildarbeit können
demnach relevante Aspekte für das Zusammenleben in Situationen kultureller
Differenz bzw. für den konkreten Forschungszusammenhang herausgearbeitet
werden. Die daraus resultierenden generativen Bilder und Themen (Freire
1981: 84) können als Grenzobjekte im Sinne von Leigh Star und Griesemer (1989)
betrachtet werden. Diese entwickeln das Konzept des Grenzobjekts anhand
einer historischen Studie, die sie zur Entstehungsgeschichte des zoologischen
Museums der Universität in Berkeley, mit Blick auf die Zusammenarbeit der
verschiedenen Interessensgruppen, durchgeführt haben. Sie definieren den
Begriff des Grenzobjekts wie folgt:
“Boundary objects are both plastic enough to adapt to local needs and
constraints of the several parties employing them, yet robust enough
to maintain a common identity across sites. They are weakly structured
in common use, and become strongly structured in individual-site use.
They may be abstract or concrete. They have different meanings in
different social worlds but their structure is common enough to more
than one world to make them recognizable, a means of translation.”
(ebd.: 393)
Als konkrete Beispiele für Grenzobjekte führen Leigh Star und Griesemer
Museen, Bibliotheken, Landkarten, Regionen oder auch Kommunikations-
methoden an (ebd.: 410–411). Es geht ihnen dabei darum, eine gewisse ver-
bindende Autorität zu bestimmen, die in Situationen kultureller Differenz ein
gemeinsames Interesse zwischen mehreren Parteien erzeugen kann. In diesem
Sinne sollen die generativen Bilder und Themen der Menschen als Grenzobjekte
im Forschungsfeld der dialogischen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung
von Perspektivenvielfalt dienen und zu kohärenten Übersetzungsprozessen im
Austausch zwischen verschiedenen Lebenswelten führen (ebd.: 393).
Rekursiver und performativer Forschungsprozess
Indem immer wieder das gemeinsame Interpretieren der Bilder in Form von
Gruppenarbeit möglich ist und die Deutungen, die dabei entstehen, die weitere
fotografische Praxis sowie die anschließenden Deutungsprozesse und auch
die Ergebnisse in hohem Maße beeinflussen, vollzieht sich ein rekursiver
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien