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Vor 1918
Gerichtsbarkeit und Gerichtssäulen der ehemaligen Herrschaft Hagen bei Linz
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13 Bekannt ist ferner, dass im 16. und 17. Jahrhundert die Herrschaften die Autonomie der Dorfgemeinden zunehmend einengten, nach und nach jede aktive Beteiligung der Untertanen an der Rechtsprechung unterbanden. Die Taidinge verloren allmählich ihren Charakter als Gerichtsversammlungen, es handelte sich in der Folge um meist jährliche Versammlungen aller Gemeindemitglieder unter dem Vorsitz des Herrn oder seines Vertreters (ursprünglich ein Forum, das sowohl für die Rechtsprechung des Dorfgerichtes als auch für die Regelung der dörflichen Wirtschaft und des Zusammenlebens im Dorf zuständig war). Wie bereits erwähnt, wurde die Pflege der niederen Gerichtsbarkeit in die Herrschaftskanzlei verlegt und häufig von herrschaftlichen, meist nicht speziell ausgebildeten Beamten ausgeübt. 34 Der Pfleger (oder Amtmann) hatte als Vertreter des Grundherrn den Auftrag, bei entsprechend schweren Verfehlungen der Untertanen die Verhaftung einzuleiten, den Malefikanten vorläufig sicherzustellen und den Landrichter zwecks Übernahme am entsprechenden Ort zu verständigen, welcher sich im Hagen bei den Gerichtssäulen an der Ecke der südöstlichen Herrschaftsgrenze befand.35 Die Grundherren selbst lebten großteils oder partiell außerhalb des Gerichtssprengels der betreffenden Herrschaft und delegierten die Rechtshändel an ihre Vertreter, wie dies gewiss für die frühen Zeiten des Gutes Hagen ua unter den Herren vWallsee und ab 1748 unter den Starhembergern zutraf. In diesem Zusammenhang ist die Klage der Waldviertler Bauern in den Jahren 1596 und 1597 zu betrachten, dass nämlich straffällige Personen nicht mehr von „Richter und Rat“ (der nächsten Stadt) nach Anhörung von Anklage und Rechtfertigung abgeurteilt würden, sondern dass „etliche Obrigkeiten“ willkürliche und zu hohe Geldstrafen verhängten, ohne die Beklagten zur Verantwortung kommen zu lassen. „Jetzt reiße der Herr das Gericht an sich und urteile nach Gutdünken für seinen Säckel…Von einer Gerichtsbarkeit der Dörfler im Banntaiding sei keine Rede mehr…“36 Auch entschieden die Schöffen (Urteiler, Beisitzer) auf der Grundlage des lokalen Gewohnheitsrechtes, von Präzedenzfällen und ihrem spontanen Rechtsgefühl ausgehend, und nur subsidär nach der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532.37 Ferner sei auf den im grundherrlichen Verständnis existenten Begriff „Dachtraufen- Gerichtsbarkeit“ hingewiesen, welcher sich im engeren Sinne auf das Gut mit dem dazugehörigen Wirtschaftshof und Garten bezog. Dieses ummauerte oder umzäunte Gebiet war von der normalen Gerichtsbarkeit eximiert, mit Ausnahme der Malefizfälle, welche dem Landrichter zugeführt werden mussten (s.o.). Dieser durfte den Täter nicht aus einem der Grundherrschaft gehörigen und unter deren Schutz stehenden Gebäude herausholen lassen, den Grundherrn hingegen traf die Auslieferungspflicht innerhalb von drei Tagen (im Hagen Übergabe-Ort bei den Gerichtssäulen). Nur der Übeltäter selbst war auszuliefern, sein Eigentum jedoch gehörte dem Grundherrn. Es handelte sich bei der Dachtraufen-Gerichtsbarkeit um Gerichtsrechte, die mit dem freien Eigen38 des Adels verbunden waren. Ihr wird eine Art Mittelstellung zwischen grundherrlicher und Landesgerichtsbarkeit eingeräumt, die Einstufung als Niedergerichtsbarkeit (Zuständigkeit s.o.) getroffen. Sie stand in Österreich meist nur dem 34 Die das lokale Gewohnheitsrecht enthaltenden „Weistümer“ und „Banntaidinge“ wurden ursprünglich von rechtskundigen Männern gewiesen und beschworen. Seit dem 16. Jh trachteten viele Grundherren das für die Untertanen geltende Recht zu vereinheitlichen und vor allem die Pflichten der Untertanen in den Weistümern zu betonen, einseitig erlassene Dorfordnungen zu etablieren. AK Adel im Wandel, 76. 35 Mezler-Andelberg, einige PI, ua 28. Juni 1999. 36 Stenzel, Dorf, 88. HRG, 986: Die Höchstgrenze der Dorfbußen lag zB in Bayern bei 72 Pf oder 6 Schillingen, was ähnlich anderen deutschen Territorien gehandhabt wurde. 37 AK Adel im Wandel, 75f. Vgl auch Wilhelm Friedrich, Prof. Dr., Von alten Gerichtsstätten. In: Linzer Tagespost Nr. 167, 22. Juli 1935. 38 Freies Eigen: 1. Ursprünglich nur dem Ritterstand/Adel ebenbürtiges Gut, an welchem die niedere Gerichtsbarkeit hing; 2. Allod. Harth, Patrimonale Gerichtsbarkeit, 125f. Schäffer, GHft Hagen, Bd I, II (Ms).
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Gerichtsbarkeit und Gerichtssäulen der ehemaligen Herrschaft Hagen bei Linz
Titel
Gerichtsbarkeit und Gerichtssäulen der ehemaligen Herrschaft Hagen bei Linz
Autoren
Hanna Schäffer
Herbert Schäffer
Verlag
Eigenverlag Schäffer
Ort
Linz
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
64
Kategorien
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