Seite - 8 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
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Karajans ernannte Thun den habilitierten Klassischen Philologen Karl
August Hahn, der dieWiener Professur noch imWintersemester 1851
antratundsiebiszuseinemTod1857behielt. InHahnsAmtszeit fielendie
ersten Promotionen im Fach Deutsche Philologie; und auch die erste
Habilitation erfolgte.4Trotzdemwar auchHahnsNachfolger noch kein
habilitierter Universitätsgermanist, sondern der Privatgelehrte Franz
Pfeiffer, der inMünchenMedizin studiert und dort ohne formalen Ab-
schluss auch germanistische Vorlesungen besucht hatte. Pfeiffer lehrte
sowohlNeueredeutsche als auchÄlteredeutscheLiteraturund setzte sich
während seiner Amtszeit vehement für die Errichtung einer zweiten ger-
manistischen Lehrkanzel ein.5Diesem Ansinnen wurde seitens des Mi-
nisteriums 1868, im Jahr vonPfeiffersTod, auch stattgegeben.
InsgesamtkanndasJahr1868alsdasEndedererstenPhasederWiener
Universitätsgermanistik betrachtet werden. In dieser wurden die Lehr-
stühle, wie es seit 1848 üblich war, direkt vomMinisterium und ohne
Fakultätsvorschlagbesetzt.DieProfessorenkamennichtnurausÖsterreich
(Karajan), sondern auch aus der Schweiz (Pfeiffer) und ausDeutschland
(Hahn); siewarennichtnurkatholisch(Pfeiffer), sondernauchgriechisch-
orthodox (Karajan) undprotestantisch (Hahn); und siewaren keine aus-
gebildeten Germanisten, sondern entweder Vertreter eines anderen uni-
versitärenFachsoderPrivatgelehrte.DieserspeziellenAusgangssituationist
es auch zuzuschreiben, dass sich inden ersten knapp zwanzig Jahrenkein
fachlicheroderschulischerZusammenhangbeiBerufungenerkennenlässt.
Nach 1868 änderten sich die Kriterien der Professorenfolge jedoch
grundlegend.DienationaleundkonfessionelleOffenheitunddiefachliche
theologischen Fakultät die Einsetzung vonBonitzmit der Begründung, dass da-
durchderkatholischeCharakterderUniversität,derdurchdenStiftsbrief verbürgt
war, verletzt werde. Karajan kündigte daraufhin seine Stellung, da er als nicht-
katholischer, sondern griechisch-orthodoxer Professor mit dieser, wie er selbst
betonte, „nurPflichtenauf sichgenommen[hatte], ausdenenerkeinerleiRechte
ableitendurfte“.Zit.n.Fuchs:DieGeschichtedergermanistischenLehrkanzelvon
ihrerGründung imJahre1850bis zumJahre1912(1967),S.14.ZuKarajanvgl.
außerdemFaerber:TheodorGeorgRitter vonKarajan (1997).
4 Die erste germanistischeHabilitation inWienwar die desNeugermanistenKarl
Tomaschek 1855, vgl. dazu die nachfolgendenAusführungen.
5 Fuchs:Geschichte der germanistischenLehrkanzel von ihrerGründung im Jahre
1850bis zumJahre1912 (1967), S. 27–37.ZuPfeiffer vgl. auchScherer:Briefe
undDokumente aus den Jahren1853–1886 (2005), S. 110–118, S. 372–376;
Nottscheid: Franz Pfeiffers Empfehlungskarte für Wilhelm Scherer bei Jacob
Grimm (2003); Kofler: Das Ende einer wunderbaren Freundschaft (1998);
Bartsch: FranzPfeiffer (1870).
I. Die Verfasstheit derWiener
Germanistik8
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher