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Unbestimmtheit der Professionalisierungsphasewurden von einer zuneh-
mendstriktenNachbesetzungspraxisabgelöst,diedieWienerGermanistik
bis ins Jahr 1912prägen sollte.
1868 bildete auch insofern eine Zäsur, als zum erstenMal nun statt
einer, wie bisher, zwei Professuren fürDeutsche Sprache und Literatur zu
besetzenwaren und die erste „Generation der professionellenGermanis-
ten“6 die Ordinarien erhielt. Die neu eingerichtete, zweite Lehrkanzel
wurde im März 1868 mit dem ersten Wiener Neugermanisten Karl
Tomaschek besetzt, der sich 1855 fürDeutsche neuere literatur auß aes-
thetischen gesichtspuncten habilitiert hatte.7 Mit der Differenzierung der
beiden Lehrstühle vollzog dieWienerGermanistik als erste im gesamten
deutschenSprachraumdieFächertrennung inÄltereundNeueredeutsche
Literaturforschung.8DieNachfolge Pfeiffers trat im selben Jahr ein wei-
tererGermanistderWienerUniversität an,nämlichder vonPfeiffernicht
besonders geschätzte, aber von der Fakultät, die zum erstenMal in ein
germanistisches Nachbesetzungsverfahren involviert war, in Vorschlag
gebrachte Wilhelm Scherer. Vor allem der zu diesem Zeitpunkt erst
27JahrealteScherer solltederHoffnungderFakultät,dasser„in10bis15
Jahren auf [der] ersten Stufe deutscherGelehrsamkeit zu stehen erwarten
läßt“9, sowohl in fachlicher als auch wissenschaftsorganisatorischerHin-
sichtmehr als gerechtwerden.
1872,vier JahrenachseinemAmtsantritt, verließWilhelmSchererdie
WienerUniversität bereits wieder und folgte einemRuf nach Straßburg.
DaraufhinunterbreitetedieFakultätdemMinisteriumeineViererliste,auf
der sie an erster Stelle den früherenGrazer unddanachKielerOrdinarius
KarlWeinhold, anzweiterdenKärntnerMatthiasLexer,derzudieserZeit
Professor inWürzburg war, und an dritter denKönigsberger Lehrstuhl-
inhaberOskar Schade sowie denGrazerOrdinariusRichardHeinzel, der
6 Michler/Schmidt-Dengler:Germanistik inÖsterreich (2004), S. 199.
7 UAW,Phil. Fak.,Zl. 412 ex 1854/55, PA3450KarlTomaschek.
8 Weimar: Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum Ende des
19. Jahrhunderts (1989),S.429–442.–AuchwenndamitdieFächertrennung in
Wien vollzogenwordenwar, waren beide Lehrstühle bis zumBeginn des Ersten
Weltkriegsmit der BezeichnungDeutsche Sprache und Literatur versehen. –Zur
Situation der jungen ForschungsrichtungNeuere deutsche Literaturgeschichte vgl.
jüngstMüller/Nottscheid (Hg.): Disziplinentwicklung als „community of prac-
tice“ (2016).
9 KarlTomaschek in seinem,demMinisteriumübermitteltenKommissionsbericht
überdieNachbesetzungderLehrkanzel, o.D.;UAW,Phil.Fak.,Zl.407ex1867/
68, PA3282WilhelmScherer.
I.1. Kategorien derOrdnung 9
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher