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sion schlugHeinzel auf EmpfehlungWilhelm Scherers dessen ,Meister-
schüler‘ Erich Schmidt vor.
Der aus Jena stammendeErichSchmidthattenachGraz inStraßburg
studiert und ebendort 1877 den Lehrstuhl Scherers übernommen, als
dieser nach Berlin wechselte. Die Kommission konnte sich jedoch nicht
eindeutig zwischen dem Grazer Ordinarius Anton Schönbach, einem
Altgermanisten, und demNeugermanisten Erich Schmidt entscheiden,14
unddieWiener Professur blieb vorerst vakant.15DerMinister fürKultus
undUnterrichtConradvonEybesfeld,der vonHeinzelüberdenknappen
Vorsprung Schönbachs informiert wurde – in der Sitzung des Professo-
renkollegiums am15.März 1879 hatte Schönbach 14 und Schmidt nur
zwölf Stimmen erhalten –, war aber geneigt, Heinzels Wunsch zu ent-
sprechen:WiederMinisterinseinemBerichtandenKaiserbetonte,wollte
er nicht „Schönbach, der nur in altdeutscher Philologiewissenschaftliche
Leistungen aufzuweisen hat“, sondernmit Schmidt „einenMann gewin-
nen,der sich inder strengenSchule altdeutscherPhilologie jeneMethode
derForschungangeeignethat,welche erst seit einigen Jahrzehntenaufdie
Behandlungder neuerenLiteraturAnwendung gefundenhat“.16
Das einzige Problem blieb, dass Schmidt nicht ohne Weiteres als
österreichischerWissenschaftlerdurchgehenkonnte.Mitwelcherdurchaus
eigenwilligen Interpretation derMinister undmit ihm der Kaiser dieses
Problem lösten, berichtete Schmidt seinem „freundlichste[n] Nothelfer
14 Scherer selbst mischte sich aus Berlin nicht offiziell in die Nachbesetzung ein,
veröffentlichte aber am 10. Jänner 1879, kurz nach der ersten Kommissionssit-
zung, inderNeuenFreienPresse einenArtikel, indemer zwarnichtdirekt aufdie
vakante Wiener Lehrkanzel einging, aber ein Plädoyer für die institutionelle
Stärkung der Neueren deutschen Literaturgeschichte hielt und auf die Verant-
wortung desMinisteriums in dieserHinsicht hinwies. Scherer:Die deutsche Li-
teratur andenösterreichischenUniversitäten (1879).
15 DenuniversitärenUnterricht inNeuerer deutscher Literatur deckte ab Sommer-
semester1879derPrivatdozentJosefSeemüllerab,dessenSpezialgebiet jedochdie
Ältere deutsche Literatur war. Abhilfe für die Lehre erhoffte sich Heinzel zwi-
schenzeitlich vomNeugermanistenAugust Sauer, der bei ihmundTomaschek in
WienundbeiWilhelmScherer inBerlinstudierthatte.Sauerhabilitiertesichauch
tatsächlichimJuni1879inWien,wurdeabernochimSommerdesselbenJahresan
die Universität Lemberg berufen. Fuchs: Geschichte der germanistischen Lehr-
kanzel von ihrerGründung imJahre1850bis zumJahre1912(1967),S.69–73.
ZuSauer vgl. auchHöhne (Hg.): August Sauer (2011).
16 Zit.n.Fuchs:GeschichtedergermanistischenLehrkanzelvon ihrerGründung im
Jahre 1850bis zum Jahre 1912 (1967), S. 79.
I.1. Kategorien derOrdnung 11
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher