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lierte“68und einiges Aufsehen verursachte.Die Schrift selbst ist nicht er-
halten,ausdenReaktionenaufsielässtsichaberersehen,welchePositionen
die einzelnenKommissionsmitglieder, derenHaltungbisher – zumindest
in den Protokollen – nicht erkennbar war, einnahmen. So informierte
Richard Wettstein August Sauer am 16. Februar über das „Hock’sche
Pamphlet“, versicherte ihm, dass „er eine solche Kampfesart für absolut
unakademisch halte“, und unterrichtete ihn „bei diesem Anlasse […]
gleich, allerdings streng vertraulich, über die Sachlage“:
Von den Commissions-Mitgliedern sind für Sie außer mir Adler, Redlich,
MuchundSeemüller, der allerdingsnichtMitglied ist, sondernnur alsBeirat
figuriert.Nicht zu vergessenderDecan Schroeder, der unbedingt für Sie ist.
Eine mir ganz unverständliche Haltung nimmt Meyer-Lübke ein, dessen
Einflußesbishergelang,dieSacheimmerwiederzurVertagungzubringen.Er
scheint die Berufung verschieben zuwollen, bis Kraus hier ist. Die übrigen
Commissions-Mitglieder scheinen verschiedene Meinungen zu vertreten.
Strzygowskiist fürSeuffert,[?]fürdenGermanistenausDresden(Namenmir
momentanentfallen)69, Schipper,Beckerunentschieden,Arnimist gegenSie,
dochweiß ichnicht fürwen er eintritt.
SehrstarkfürSietrittAdlerein,dochtrachteichunterunsgesagt, ihntunlichst
abzuhalten, zu sehr hervorzutreten. Er ist in der Fakultät sehr unbeliebt und
kann eher schaden als nützen.
ImAllgemeinenhalte ichIhreChancenfürgünstig,einigermaßenbesorgtbin
ichnurfürdenFall,daßKrauseineIhnenunerfreulicheHaltungeinnimmt.70
DerGermanistRudolfMuchbeschriebdieSituationEndeJänner1913in
einem Brief an Carl von Kraus, den er bereits seit Beginn der Beru-
fungsverhandlungenüber jedeEinzelheitderKommission,vorallemauch
über das Gutachten Seemüllers und die bisherige Favorisierung August
Sauers informiert hatte, folgendermaßen:
FürMinor ist nichtsweiter geschehen als daßHockMaterial gegen Sauer in
Circulation gebracht hat, das vielfachEindruckmacht! Aber auch anWalzel
findetmannicht rechtGeschmack. Selber getraue ichmir,wenn ich erstmit
mireiniggeworden,zu, fürdeneinenoderanderenoderauchfürSeuffertden
Anschlag zu geben, aber um die Kommission für einen andern ferner ste-
henden zugewinnenhabe ichnichtEinfluß genug.Anders stündedie Sache
allerdings, wennwir erst Ihrer sicher sind, und Sie sich für eine bestimmte
Personeinsetzen. […]ZuGunstenderKandidaturSauerskönntemansagen,
68 Brief vonRichardWettstein andenDekanLeopoldSchroeder, o.D.;UAW,Phil.
Fak., PA1113WaltherBrecht.
69 Wettsteinmeinte OskarWalzel, der zu dieser Zeit Professor für Literatur- und
Kunstgeschichte an derTechnischenHochschule inDresdenwar.
70 Brief vonWettsteinanSauervom16.Februar1913;Wienbibliothek imRathaus,
Handschriftensammlung,H.I.N. 184.963.
I. Die Verfasstheit derWiener
Germanistik26
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher