Seite - 28 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
Bild der Seite - 28 -
Text der Seite - 28 -
Köster in Leipzig“.72Albert Köster hatte zunächst in LeipzigGeschichte
unddanachDeutsche Philologie bei Erich Schmidt inBerlin studiert, er
war seit 1899 ordentlicher Professor in Leipzig, 1912Dekan der philo-
sophischen Fakultät und ab 1914Rektor derUniversität Leipzig. Köster
wareinausgewiesenerTheaterhistoriker,beschäftigte sichmitEditionund
Textkritik (Schiller,Goethe, Storm)undgehörte inden1910er Jahren zu
den anerkanntesten Germanisten im deutschsprachigen Raum.73 Kraus
charakterisierte Köster in der Kommissionssitzungmit Blick auf die in-
nerfachlicheDifferenzierung derNeugermanistik als einen
Literarhistoriker, der nicht nur auf die Literaturgeschichte des 19t, resp. 18t
Jahrh. sich beschränkt, sondern sehr weit ausschaut. Er beherrscht die phi-
lologischeMethode in souveräner, geradezu klassischerWeise. Doch ist die
philologisch-kritische Arbeit nur eine Seite seiner Thätigkeit – er ist nicht
minderderMeisterder literarischenCharakteristik.ErverbindetdenBlickfür
dasKleinemit demWeitblick für dasGroße.Metrik, Faustsage, Theaterge-
schichte, die Realien der Literaturgeschichte, Methodenlehre, Interpretati-
onscollegia (Faust, Theil II).Die Arbeiten seiner Schüler („Probefahrten“)74
legen rühmlichstes Zeugniß von seiner Lehrthätigkeit ab. Als Redner ist er
einerderbestenanderUniv.Leipzig.DieGewinnungKösters ließesichalsdas
„großeLoos“ bei dieser Besetzung bezeichnen.
Für einen möglichen zweiten und dritten Platz nannte Kraus Bernhard
SeuffertundOskarWalzel, beide jedochnurmitEinschränkungen.So sei
Seuffert zwar „sehr solid und tüchtig“ und ein „Philologe“ könne „seine
Freude an ihm haben“, doch da er „in der Produktion einigermaßen
dürftig“ sei, wollte Kraus ihn nur „in bedeutendem Abstand“ genannt
wissen.ÄhnlichverfuhrKrausmitOskarWalzel:Gewissseidieser„[u]nter
denKennernderRomantik[…]weitausderBeste“,aberebenauch„zufein
konstruktiv oft allerdings“.
EbensoüberraschendwieKraus’EmpfehlungvonKösterwarauchdie
ReaktionderKommissionsmitglieder.VonallenAnwesendenwidersprach
als einzigerAdlerKraus’ Einschätzung vonAugust Sauer undwies darauf
hin,dass „[d]asoesterreichischeMoment […]dochauchzubeachten“sei.
UngeachtetdiesesEinwands entschied sichdieMehrheitderKommission
72 AlleZitate: Protokoll der 3. Sitzung derKommission zurBeratung über die Be-
setzungder germanistischenLehrkanzel nachHofrat ProfessorMinor am3.Mai
1913;UAW,Phil. Fak., Zl. 495 ex 1912/13, PA1113WaltherBrecht.
73 ZuKöster vgl. Korn/Stockinger: „Ist das Gehirn so eng, daß nur eine Betrach-
tungsweisedarinPlatzhat?“ (2013);Kirschstein: „DerBerufensteneiner“ (2009).
74 Mit „Probefahrten“ ist folgende Reihe gemeint: Köster (Hg.): Probefahrten.
Erstlingsarbeiten aus demDeutschenSeminar inLeipzig (1905–1930).
I. Die Verfasstheit derWiener
Germanistik28
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher