Seite - 87 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
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der in Osterreich tätigen Fachvertreter“ kritisierte und vor allen darauf
verwies, dass „Nadlers Werk und Persönlichkeit […] viel umstritten“
wären.Bereits in derKommissionssitzunghatteCastle „ausGründendes
persönlichen Verhaltens“ Einspruch gegen Nadler erhoben und auch
Unterstützung durch „mehrere Redner“ erhalten, die zugaben, dass
„NadlersNaturell gewissmancheHärten habe“.317 InWien trat dasMi-
nisterium zunächst an GüntherMüller heran, der aber aus finanziellen
Erwägungen ablehnte. Nach Interventionen beim Ministerium durch
seinen Prager Studien- und Cartellverbandskollegen Josef Bick wurde
Nadler schließlich zumWintersemester 1931/32 nachWien berufen.318
Nadler, der als schwieriger Kollege galt, der niemanden neben sich
duldete,wurdebereits kurz nach seinemAmtsantritt seinemRuf gerecht.
Zunächst versuchte er, die bislang denExtraordinarienRobert FranzAr-
nold undMaxHermann Jellinek vorbehaltenen Proseminare an sich zu
ziehen.319 Auch mit den Schülern seiner Vorgänger scheint er nicht zu
Rechtgekommenzusein.MitAusnahmeHansRupprichsverließensiealle
kurz nach Nadlers Amtsantritt dieWiener Universität. Mit den Anfor-
derungendesMassenstudiumshatteNadler hingegenkeineProbleme.Er
hielt seineVorlesungenoftmalszweimalhintereinander,umdemAnsturm
der Studierenden gerecht zu werden, und 1934 engagierten sich seine
Hörer undHörerinnenmit einerUnterschriftenaktion für denBau eines
eigenenSaals für seineVorlesungen.320Schließlichwaren seineüberfüllten
Lehrveranstaltungen auchmitverantwortlich dafür, dass 1935 das Audi-
toriumMaximumgebautwurde.321Dasseraußerdemschnellundeffizient
bei der Beurteilung vonDissertationenwar, ist vielfach in Erinnerungen
ehemaliger Studierender bezeugt.322Doch obwohlNadlermehr Promo-
tionen abnahm und für mehr Studienabschlüsse verantwortlich war als
jedereinzelneseinerVorgänger,haterwährendseinergesamten, immerhin
317 AlleZitate:Kommissionsbericht betreffend dieWiederbesetzungder Lehrkanzel
für deutsche SpracheundLiteratur nachdemAbgang vonProf.Kluckhohnvom
25.November1930;UAW,Phil.Fak.,Zl.370ex1930/31,PA2713JosefNadler.
318 ZudennäherenDetailsvonNadlersBerufungnachWienvgl.Ranzmaier:Stamm
undLandschaft (2008), S. 373–378;Meissl:Germanistik inÖsterreich (1981),
S. 481.
319 Meissl:Germanistik inÖsterreich (1981), S. 481.
320 [Anonym:] „Volksentscheid“ für einenneuenHörsaal (1934), S. 5.
321 Ranzmaier:GermanistikanderUniversitätWienzurZeitdesNationalsozialismus
(2005), S. 19; Schmidt-Dengler: Germanistik inWien 1945 bis 1960 (2005),
S. 211;Hopf: [Erinnerungen an Josef Nadler] (1984), S. 18.
322 Vgl. u.a.Wörster:Gedenkschrift für Josef Nadler (1984).
I.4. Paul Kluckhohn, Josef Nadler und das Ende der Privatdozenten 87
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher