Seite - 102 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
Bild der Seite - 102 -
Text der Seite - 102 -
10. Juli 1921, wurde der Beschluss vomMinisterium bestätigt.62Damit
war Christine Touaillon die erste habilitierte Germanistin und 14 Jahre
nach der Romanistin Elise Richter die zweite habilitierte Frau inÖster-
reich.
II.2. Literatur-,Kultur- undSozialgeschichte –
Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts (1919)
Mit ihrerHabilitationsschriftDer deutsche Frauenromandes 18. Jahrhun-
derts (1919) trat Christine Touaillonmit einemUnterfangen in die uni-
versitäre Germanistik ein, das in wissenschaftsgeschichtlicher Hinsicht
sowohl in seiner Themenstellung und in seiner methodischen Vorge-
hensweise als auch in seiner (innerfachlichen) Rezeption bemerkenswert
ist.DieWahl des Themas bedurfte zeitgenössisch einer eingehenden Er-
klärung und Verteidigung. Gleich zu Beginn ihrer umfassenden Unter-
suchung wehrte sich Touaillon dagegen, dass ihr Buch nicht als wissen-
schaftlicheAnalyse, sondernalszweckgebundenerundparteiischerBeitrag
zurFrauenbewegunggelesenwerde.DasVorwort eröffnete siedemgemäß
mit folgendenWorten:
So überflüssig es bei einer wissenschaftlichen Arbeit erscheint, ihre Ten-
denzlosigkeit zu betonen, so legt derTitel des Buches doch dieBefürchtung
nahe, eswerde für eineTendenzschrift gehalten und– je nachParteistellung
des Lesers –mit einem günstigen oder ungünstigen Vorurteil in die Hand
genommenwerden.InWirklichkeitglaubeichsoobjektivgewesenzusein,als
einMenschüberhauptobjektivseinkann:weitüberdemGeschlechtstehtmir
dieWissenschaft.63
Doch nicht nur die vermutbare Nähe ihres Buchs zur Frauenbewegung
bzw.zuprogrammatischenZieleneinerfeministischenGeschlechterpolitik
versuchteTouaillon–durcheineklareAbgrenzungvonwissenschaftlichem
und gesellschaftspolitischem Feld – zu entkräften, sondern auch die
Position ihres Themas innerhalb des wissenschaftlichen Feldes selbst er-
62 Brief des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht an das Dekanat der
philosophischenFakultätvom10.Juli1921;UAW,Phil.Fak.,Zl.939ex1920/21,
PA3462ChristineTouaillon.
63 Touaillon:DerdeutscheFrauenromandes 18. Jahrhunderts (1919), S.VII. – Im
Folgenden imFließtext zitiert als (Touaillon 1919, [Seitenangabe]).
II. Christine Touaillon
(1878–1928)102
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher