Seite - 131 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
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tären Literaturwissenschaft nur selten als Produzentinnen von Literatur
undwenn, dann an der äußersten Peripherie wahrgenommen.WennLi-
teratur vonFrauen aber keinen stabilenPlatz imKanonder universitären
Forschungsgegenstände hatte, wie lässt sich dann erklären, dass sich
ChristineTouaillon, die erstePrivatdozentinderGermanistik, gerademit
einemThema habilitieren konnte, das bislang als genausowenigwissen-
schaftsfähig galtwie sie selbst?
Die zeitgenössisch extravagante Themenwahl Touaillons rief unge-
wöhnlich viel Aufmerksamkeit und Bewunderung, aber auch die Verur-
teilung durch Fachkollegen hervor. Insgesamt wurde ihre Habilitations-
schrift zumindest 14-mal in Tageszeitungen und Fachzeitschriften
besprochen:zwölfmaldavonausführlichineinerjeweilseigenenRezension
undzweimalgesammelt indenÜberblickenZurdeutschenGeistesgeschichte
im Zeitalter des Idealismus und Literaturforschung und Verwandtes.130 Im
Sinne der Entwicklung und des Selbstverständnisses derUniversitätsger-
manistik beanstandeten alle Rezensenten die Beschäftigungmit „dichte-
rischenPersönlichkeiten […],die sichmangelsdernochvoll entwickelten
Ausdrucksfähigkeit in ihrenWerkennichtklarumrissenwiderspiegeln“131:
„Naturgemäß mußte Frau Touaillon sehr viel berücksichtigen, was im
üblen Sinne desWortes bloßUnterhaltungsliteratur gewesen ist“132, wo-
durch „sich in demneuenBuche die Kleinware überGebühr hervor[drän-
ge]“133.Amweitestenwagte sichRobertRiemann imAnzeiger fürdeutsches
Altertumund deutsche Litteratur vor, der denGrund für das schriftstelle-
einer halben Seite über Anna LouisaKarsch – keine Autorinnen aufnahm:Ger-
vinus:GeschichtederpoetischenNational-LiteraturderDeutschen(1835–1844).
130 Rezensionen in Tageszeitungen: Hermann Michel (Frankfurter Zeitung), Max
Mendheim(LeipzigerIllustrirteZeitung),Dr.Gottlieb(Arbeiter-Zeitung),m.(Neue
Freie Presse). – Einzelrezensionen in Fachzeitschriften: [Adolf] v.Grolman (Lite-
raturblatt fürGermanische undRomanische Philologie),HarryMaync (Das litera-
rische Echo),WaldemarOehlke (Literarisches Zentralblatt fürDeutschland), Beda
Prilipp (Konservative Monatsschrift), Hubert Rausse (Literarischer Handweiser),
Rob[ert] Riemann (Anzeiger für deutsches Altertum), A[ugust] Sauer (Euphorion),
OskarWalzel (Göttingische gelehrte Anzeigen). – Sammelrezensionen in Fachzeit-
schriften: Robert Petsch (Preußische Jahrbücher), Julius Stern (Zeitschrift für
Deutschkunde).
131 Prilipp: Christine Touaillon, Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 247.
132 Walzel: Christine Touaillon, Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 127.
133 Petsch: Christine Touaillon, Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 251.
II.4. Themenwahl und akademische Karriere 131
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher