Seite - 144 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
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zunächst an ihrerHabilitationsschriftDerTrivialromanund der romanti-
scheRomanvon1923undanschließendanDieAnarchie imBürgertumvon
1932.AbgeschlossenwirddasKapitelmitEinblicken inThalmanns letzte
Jahre anderWienerUniversität und ihrenWeggang in dieUSA.
III.1.Darstellung statt Erkenntnis? –DerTrivialromanund
der romantische Roman. EinBeitrag zur Entwicklungsgeschichte
derGeheimbundmystik (1923)
In seiner Analyse des als geistesgeschichtliche Gründungsschrift gehan-
delten Buchs Hamann und die Aufklärung (1911) von Rudolf Unger
konstatierte Klaus Weimar, dass Unger „mit erstaunlicher Konsequenz
nichts anderes als eineKräftegeschichte“entwirft,d.h. „eineWelt,die, für
sich genommen, anschaulich macht, was Hölle sein könnte“.20Weimar
folgte inseineraufschlussreichen, sprach-undstilanalytischenLektürevon
Ungers Text einem Hinweis in einer weiteren geistesgeschichtlichen
Gründungsurkunde, nämlich Friedrich Gundolfs Buch Shakespeare und
der deutsche Geist, das im selben Jahr erschienen war. Darin betonte
Gundolf: „Darstellung, nicht bloßErkenntnis liegt uns ob, […]weniger
dieZufuhrvonneuemStoffalsdieGestaltungundgeistigeDurchdringung
des alten.“21 IstdieGeistesgeschichte alsobloßeineFragederDarstellung
undnichtderErkenntnis?Und ist esnotwendig,diehistorischeReferenz,
um die es den Vertretern der Geistesgeschichte ausdrücklich nicht ging,
auch für die wissenschaftliche Lektüre zu sistieren, um die durchweg
hochmetaphorischen Texte einer wissenschaftlichen Analyse überhaupt
erst zugänglich zumachen?Zweifellos zeigt eine „solche zugegebenerma-
ßen oblique Lektüre“22, wie sie KlausWeimar vorgenommen hat, dass
Ungers hochgelobte Schrift23 nichts anderes vorführt als eine „gespensti-
sche[]undbeklemmende[]Vision“, inder„einkrampfhafterBetriebstatt
[findet], schiere Prozessualität, ein ständiges Wirken, Ringen und
20 Weimar:DasMuster geistesgeschichtlicherDarstellung (1993), S. 93.
21 Gundolf: Shakespeare undder deutscheGeist (1911), S.VI–VII.
22 Weimar:DasMuster geistesgeschichtlicherDarstellung (1993), S. 93.
23 Noch1958nanntePaulKluckhohnUngersBuch„diebesteundtiefsteDarstellung
des dt. Geisteslebens der vorklassischen Zeit“. Kluckhohn: Geistesgeschichte
(1958), S. 538. III.Marianne Thalmann
(1888–1975)144
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher