Seite - 46 - in Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
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in jhren Landen leyden ; nemlich mehrers Last vnd Zinß auff euch zulegen/ kein
Land-gut zukauffen verstatten/ vnnd zu befehlen/ daß Jhr gelbe hütlein/ oder
sonst ein lächerliches zeichen/ tragen müstet/ wordurch Jhr das gelächter vnd
verachtung deß Volcks wärdet.
Was gedunkkt euch nun ? trifft diß alles nit mit einander ein ? Jch red mit euch/
mit keinem andern/ mit euch Jhr wür<42>dige Rabiner/ vnd Ertz-maister der
versuchung/ die jhr vnder dem nahmen der Freygegebnen/ eure Seelen in vil är-
gern gefängnuß verhaltet/ alß die Juden vnter dem Wüter Faraone führen musten.
Jch gehe weiter/ vnd komme auff eine neue redens art/ die eines oder andern
meinung nach/ villeicht zu sehr herauß gestrichen/ mir aber von vilen wahrheit-
änlichen einfällen/ an die hand gegeben worden ist.
Jn euren Schrifften finde ich/ so zierliche wissenschafften/ vnd so starcke
Schlüsse/ daß ich schwüre/ es müste euch ein jedes <43> wort/ von vberna-
türlicher krafft/ sein ein gegeben/ vnd daß ein jeder eurer sprüche/ von einem
Englischen verstand/ auff eben solche weise/ sey bewegt worden/ wie man liset/
daß ein Esel durch denselben geredt habe/ vnd kan man ohne sünde glauben/
daß eben derselbe geist/ der die zung der schlangen geführt/ vmb mit der ers-
ten lugen/ vnsere erste Eltern zu verführen/ hab auch diß mal euere nit weni-
ger/ frevele als gifftige lippen geleitet/ so verdambte sprüche außzuspeyen. Jch
schliesse disen gedancken/ erstlich auß dem wort deß Heyllands selbst/ der zu
solchen gesellen/ wie Jhr <44> seyt/ gesagt hat :10 Jhr seyt auß eurem Vatter dem
Teuffel/ vnd dann auß der eigenschafft euers verfahrens/ so der natur/ desselben
euers vatters/ vnd lehrmeisters/ nit so gar vngleich ist ; vnd nach der schein-
heiligkeit euers lebens/ welches eben auch dahin/ wo der Teuffel gleichmäßig
allzeit hin zuzihlen pflegt. Deß Teuffels art ist stoltz vnd hoffertig/ als derselbe/
der sich in sich selbst verliebt/ vnd dem Schöpfer zu trutz/ sich vber denselben
erheben wollen.
Bey euch ist eine gleiche Hof<45>fart/ in dem Jhr Gott verachtet/ euch mit eurer
thorichten weißheit heuchelt ; vnd ein solcher vbermut/ daß Jhr euch mit nichts
alß eytelkeiten anblähet.
Jn dem Teuffel ist die gab der gnaden außgetilgt/ vnd dieselbe der natur ver-
dunkkelt.
Jn euch ist auch ein so verkehrter Teuffels-willen/ der sich seines eignen heyls
verwegt ; vnd ein so tunkkler verstand/ der sich keiner waarheit fähig machen will.
Der Teuffel fühlt in sich die straff deß schadens/ vnd die straff der sinnen ; Jene
beraubt jhn deß göttlichen ansehens ; dise hält jhn in einem vberfluß/ vnerdenck-
10 Ioh. 8.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
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- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
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