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94 Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
Mit zahlreichen Beispielen aus dem Alten Testament und aus der römischen Ge-
schichte wird in dramatischen Worten eine Rettung der französischen Monarchie vor
einem neuerlichen konfessionellen Bürgerkrieg beschworen und der junge König, für
welchen seine Mutter Maria de’ Medici die Regentschaft übernommen hat, vor allem
vor den Jesuiten gewarnt, dieÂ
– wie aus dem Titel zu erwartenÂ
– systematisch attackiert
und als Auswurf der Hölle, Schrecken aller gesitteten Menschen und elementare Ge-
fahr für Frankreich bezeichnet werden : »[…] la puanteur du monde, l’horreur des gens
de bien, le malheur de la France, engeance miserable & maudite que l’enfer a vomy
pour nostre mal commun […]« (S. 14).
Die 1614 an einem unbekannten, aber vermutlich protestantisch ausgerichteten
Ort gedruckte anonyme Abhandlung Memoires et advis, pour rendre les Iesuites vtiles en
France. Ou sont decouuertes plusieurs choses de leur Institut, iusques Ă present cachees rich-
tet demnach gleich auf dem Titelblatt eine drastische Aufforderung aus dem ersten
Korintherbrief (5.13) an die Jesuiten : »Auferte malum ex vobis ipsis – Ostez le mal
d’entre vous mesmes.« Anders als das Frühchristentum, das sich unter Respektierung
der öffentlichen Ordnung und der politischen Interessen in das römische Reich ein-
zugliedern wusste, verfolge die Gesellschaft Jesu nur die eigenen Ziele, was umso ge-
fährlicher scheint, als sie bei der Führungsschicht des Landes sowohl hinsichtlich der
Seelsorge als auch der Erziehung der Kinder eine wichtige Rolle spiele. Daher gelte es
nun, den Orden sorgfältig zu prüfen und einer nützlichen Tätigkeit zuzuführen, »[…]
& à l’aduenir les reigler si bien qu’ils puissent dignement trauailler sans qu’on eust
desormais aucun subiect raisonnable de les soupçonner pernicieux à l’Estat, à l’ordre
Hierarchique de l’Eglise, & aux particuliers« (S. 5).
Diese Abhandlung enthält elf zum Teil sehr ausführliche Empfehlungen für derar-
tige Regeln wie die Änderung des Ordensnamens, eine stärkere Bindung an das Land,
die ausschlieĂźliche Aufnahme von in Frankreich geborenen Mitgliedern (vor allem soll-
ten keine Italiener in FĂĽhrungspositionen sein !) sowie den bedingungslosen Respekt
vor der zivilen und kanonischen Rechtsordnung Frankreichs. Sollten sich die Jesuiten
diesen Prinzipien nicht unterordnen, mĂĽssten sie fĂĽrchten, das Schicksal des Templer-
ordens zu erleiden, der zu Beginn des 14. Jahrhunderts aus ähnlichen Überlegungen,
wie sie nun gegen die Gesellschaft Jesu vorgebracht wĂĽrden, von Papst Klemens V.
aufgelöst und vom französischen König Philipp IV. seiner Güter entledigt worden ist.
Von protestantischer Seite wird dem Jesuitenorden immer wieder – z. B. 1614 auch
in einem langen Abschnitt der Memoires et advis, pour rendre les Iesuites vtiles en FranceÂ
–
besonders die Rechtfertigung des vom Konzil zu Konstanz ausdrĂĽcklich abgelehnten
Herrschermordes vorgeworfen. Unter Berufung auf die von Juan de Mariana (1536–
1624) in seinen De rege et regis institutione libri III (Toledo : P. Rodrigo 1599) vorge-
brachten Thesen rechtfertigen die Mitglieder der Gesellschaft Jesu die gewaltsame
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Ăśbersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Kategorien
- Weiteres Belletristik