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100 Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
Im Zeitraum von 1587 bis 1637 mußten insgesamt 50 Bürgerhäuser den Kloster- und Or-
densgrĂĽndungen weichen, weitere 36 gingen in den Besitz der Toten Hand ĂĽber. Eine 1637
durchgefĂĽhrte Bestandsaufnahme durch den von Ferdinand III. eingesetzten Obersthofmar-
schall Heinrich Wilhelm von Starhemberg ergab eine Gesamtzahl von 120 geistlichen Frei-
häusern. Allein 32 davon waren im Besitz der Jesuiten.9
Die verschiedenen Institutionen der katholischen Kirche und der Universität Wien
werden relativ rasch in von den päpstlichen Stellen in Rom koordinierte Gegenmaß-
nahmen gegen den sich ausbreitenden Protestantismus eingebunden. So wird z. B.
die Apologia pro veritate catholicæ et apostilicæ fidei ac doctrinæ adversus impia ac valde
pestifera Martini Lutheri dogmata (Florenz 1520) des Dominikanerpaters Ambrosius
Catharinus (Lancilotto Politi, 1483–1553) in Wien als erste wichtige Schrift gegen
Luthers Lehre nachgedruckt und an der Universität verteilt.10 Eine der ersten katho-
lischen Polemiken gegen Luther, die Constitutio ad removendos abusus et ordinatio ad
cleri vitam reformandam (Regensburg und Köln 1524) von Kardinal Lorenzo Cam-
peggi (1474–1539), in der die päpstlichen Positionen gegen die neue Lehre aggressiv
und konsequent vertreten werden, erfährt in einer noch im selben Jahr vermutlich in
Wien bei Johann Singriener d. Ä. gedruckten Übersetzung (Der Römischen Kayserlichen
Mayestat Edict wider Martin Luther BĂĽecher vnd Lere/ seine Anhennger/ Enthalter vnd
nachuolger/ vnd etlich ander schmeliche schrifften) eine u. a. durch Erzherzog Ferdinand,
den Bruder von Kaiser Karl V., geförderte Verbreitung in Österreich.
Die schließlich nach dem Konzil von Trient in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun-
derts einsetzende Gegenreformation führt zwangsläufig zu engeren Beziehungen zu
Rom.11 Diese überaus engagierte Anteilnahme seitens der päpstlichen Institutionen
manifestiert sich nicht zuletzt in der Gründung von zwei römischen Kirchen, welche
dem Gedächtnis zweier entscheidender Siege des österreichischen Katholizismus ge-
weiht sind : Santa Maria della Vittoria erinnert an den Sieg der kaiserlichen Truppen in
der Schlacht am WeiĂźen Berg 162012 und Il Santissimo Nome di Maria13 ist das Denk-
9 Andreas Weigl : Residenz, Bastion und Konsumptionsstadt : Stadtwachstum und demographische Ent-
wicklung einer werdenden Metropole. In : Andreas Weigl (Hg.) : Wien im Dreißigjährigen Krieg. Be-
völkerung – Gesellschaft – Kultur – Konfession. Wien-Köln-Weimar 2001, S. 31–105 ; hier S. 41f.
10 Tomek : Das kirchliche Leben und die christliche Charitas in Wien, S. 161, Anm. 3.
11 László Szilas S. J.: Curia papale e impero durante la Guerra dei Trent’Anni. In : Silvano Cavazza (Hg.) :
Controriforma e monarchia assoluta nelle province austriache. Gli Asburgo, l’Europa Centrale e Gorizia
all’epoca della Guerra dei Trent’Anni. Görz 1997, S. 41–60.
12 Die 1608 von Kardinal Scipione Borghese gestiftete Kirche war ursprĂĽnglich dem hl. Paulus geweiht,
wurde aber wegen eines in der Burg von Pilsen gefundenen Gnadenbildes, durch dessen Hilfe Ferdi-
nand II. über seinen Gegner gesiegt haben soll, gemäß der aktuellen Bestimmung umbenannt.
13 Sie wurde von der gleichnamigen Bruderschaft 1736–1738 nahe dem Trajansforum gebaut.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Ăśbersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Kategorien
- Weiteres Belletristik