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102 Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
Eine entscheidende Rolle spielt in der österreichischen Gegenreformation der
Orden der Kapuziner :16 1593 siedelt sich die erste Gemeinschaft auf Einladung des
Landesfürsten in Innsbruck an. 1599 soll das erste böhmische Kloster in Prag mit
zwölf Brüdern aus Venetien und den Marken unter Leitung von Lorenzo da Brindisi
(Laurentius von Brindisi, eigentl. Giulio Cesare Russo, 1559–1619) gegründet werden,
doch Lorenzo entscheidet sich wegen der widrigen Umstände in Böhmen für Wien,
wo er sechs Mönche als Anfangsbesetzung eines neu gegründeten Klosters zurücklässt,
bevor er während der Wintermonate nach Italien zurückkehrt, und für Graz, wo er
1600 eine weitere Mönchsgemeinschaft ins Leben ruft.17 Erst 1622 beginnt die Er-
richtung des 1617 kurz vor ihrem Tod von Kaiserin Anna (1585–1618), der Gemahlin
von Kaiser Matthias (1557–1619), gestifteten Klosters auf dem Mehlmarkt (heute
Neuer Markt) in Wien,18 1633 werden dann die ersten Sarkophage (jene des Stifter-
paares Anna und Matthias) in der noch heute berĂĽhmten Gruft beigesetzt. Lorenzo
da Brindisi nimmt 1601 aktiv an der ungarischen Kampagne der kaiserlichen Truppen
gegen die TĂĽrken teil und soll laut Ăśberlieferung durch die rhetorische Kraft seiner
Predigten zum Sieg bei Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) am 14. Oktober 1601 bei-
getragen haben.
Neben dem 1602 in Böhmen nachweisbaren Mattia Bellintani da Salò (1534–1611)
trägt besonders Fra Cosmo da Castelfranco (eigentlich Paolo Piazza, 1560–1620),
gleichzeitig Maler aus der Schule von Paolo Veronese, zum Ansehen der Kapuziner in
den habsburgischen Ländern bei, umso mehr als er sowohl in seiner künstlerischen als
auch in seiner spirituellen Tätigkeit von Kaiser Rudolf II. gefördert wird.
Dieses tiefgreifend religiös geprägte Umfeld bringt auch eine entsprechende litera-
rische Produktion mit sich, wie das 1622 in Innsbruck veröffentlichte Breve Compendio
della vita e morte della Serenissima et Reverendissima Suor Anna Giuliana Gonzaga, Arci-
duchessa d’Austria, Servita del Terzo Ordine von Giuseppe Maria Barchi exemplifiziert.
Der sonst unbekannte Verfasser war Generalvikar der Serviten in Deutschland und
Beichtvater von Anna Caterina (bzw. Giuliana) Gonzaga (1567–1621), Tochter von
Herzog Guglielmo I. Gonzaga und zweite Gemahlin von Erzherzog Ferdinand II.
16 Vgl. Gabriele Ingegneri, OFM Capp.: L’opera dei Cappuccini nell’Europa centro-orientale. In : Cavazza
(Hg.) : Controriforma, S. 85–98 ; vgl. auch Ægidius Schiesel : Religionis S. Francisci origo et multiplicatio.
Wien : Matthäus Rickhes 1650.
17 Vgl. Richard Peinlich : Die Gegenreformation zu Graz im Jahre 1600 und Lorenz von Brindisi. Ab-
schnitt der Localgeschichte. Graz 1882. – Norbert Stock : Leben und Wirken des heiligen Lorenz von
Brindisi aus dem Kapuziner-Orden. Brixen 1882.
18 In den ersten Jahren nehmen die Kapuziner Quartier bei den Serviten, 1603 bauen sie eine Klosterkirche
in der Vorstadt Neustift (am Standort der heutigen Mechitaristen-Kirche), die 1683 während der Tür-
kenbelagerung vollständig zerstört wird.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Ăśbersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Kategorien
- Weiteres Belletristik