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Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
waren : u. a. Diener und Dienerinnen von Adeligen und Bürgern, Handwerksgesellen, Wein-
hauerknechte und Brauereiarbeiter, vielfach Personen, die nicht das Bürgerrecht besaßen und
ein sehr geringes Einkommen hatten.52
Raupach, von dem die zitierten Zahlen stammen, stellt resigniert zu den Ereignissen
kurz vor und nach dem Westfälischen Frieden fest : »Hatte sich nun der Kayser vorher
durch die Jesuiten zu verschiedene Verordnungen gegen das Evangel. Religions-We-
sen aufbringen lassen, so ward nachher ebenfalls mit dergleichen Anstalten unabläßig
fortgefahren.«53 Damit bezieht er sich auf die Einführung der Reformationskommis-
sionen zu Beginn des Jahres 1652 :
Den Anfang der von Ferdinand III. nach Abschluß des Westfälischen Friedens und der Be-
seitigung der schwersten Kriegsschäden wiederaufgenommenen Gegenreformation bildete
ein Generalmandat, das am 4. Jänner 1652 erschien und die Basis für die Tätigkeit jener
»Reformationskommissionen« bildete, die bald darauf in allen niederösterreichischen Lan-
des- sowie in den Wiener Stadtvierteln eingesetzt wurden. Alle Landesbewohner wurden
aufgefordert, sich des »Auslaufens« sowie des Singens, Lesens und Aufbewahrens von unka-
tholischen Liedern, Postillen und Büchern zu enthalten, sowie auch das Zuhören bei »sekti-
schen« Zusammenkünften zu unterlassen. Jede Person, die in ein Land zu reisen beabsich-
tigte, in dem evangelische Gottesdienste abgehalten werden, hatte bei ihrer Obrigkeit um
eine Bescheinigung über Zweck und Ziel der Reise anzusuchen.54
Ab diesem Zeitpunkt haben sich alle Bekenner einer reformierten christlichen Kon-
fession einer intensiven Befragung bezüglich ihrer Religionsausübung und einer
Belehrung durch speziell dafür rekrutierte katholische Geistliche zu unterziehen.
In der Regel wird diesen Personen eine Frist von sechs Wochen gewährt, während
der sie sich zum katholischen Glauben bekehren und damit ihre persönliche Inte-
grität zurückerhalten können. Allerdings gehen diese Kommissare unterschiedlich
gegen die einzelnen Bevölkerungsgruppen vor, denn ihr Wirkungsbereich ist fak-
tisch auf Nicht-Adelige beschränkt. Zunächst werden ebenso wie die Hausbesitzer
die Arbeitgeber von den Behörden in die gegenreformatorische Pflicht genommen :
»Laut weiterer Bestimmung des Patentes werden alle Grundherrn und andere, die
unkatholische Beamte, Pfleger, Verwalter, Rentmeister, Rentschreiber, Hauspfleger,
Schaffer, Meyer, Hofmeister, Praeceptoren, Hausmeister, Sekretäre, Schreiber und
52 Stögmann : Staat, Kirche und Bürgerschaft, S. 564.
53 Raupach : Evangelisches Oesterreich, S. 462.
54 Stögmann : Staat, Kirche und Bürgerschaft, S. 552.
Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Kategorien
- Weiteres Belletristik