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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
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22 Eveline G. Bouwers (1854)29. Zehn Jahre später folgte der Syllabus Errorum: eine Liste bereits veröffentlichter »Irrtümer«  – darunter der Rationalismus, Indifferentismus, Sozialismus, Liberalismus, wie auch »Fehlgedanken« hinsichtlich der gesell- schaftlichen Position der Kirche, des Staat-Kirche-Verhältnisses und der Sittenlehre  – die nun, ohne ihren ursprünglichen Kontext reproduziert, als Kampfansage an die moderne Welt wirkte. Für gemäßigte Katholiken trieb Pius  IX. den Konflikt um den kirchlich-religiösen Raum unnötig auf die Spitze. Noch besorgter und empörter waren sie über die angestrebte Dog- matisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit  – die Lehre, nach der ein Papst, wenn er ex cathedra zu Glaubens- oder Moralfragen spricht, niemals irrt. In den Augen ihrer Unterstützer war die Unfehlbarkeit die theologische Voll- bringung einer im Ultramontanismus verankerten Loyalität gegenüber dem Papst, die sich zuvor bereits u.a. in finanzieller und militärischer Unterstüt- zung für den Stuhl Petri gezeigt hatte30. Dennoch lehnten etwa 20 % der auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869–70) versammelten Bischöfe die Dog- matisierung ab31. Außerhalb von Rom stieß das Dogma ebenfalls auf Kritik. Es festigte nicht nur die anti-päpstliche Haltung unter denjenigen, die die innerkirchlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte ohnehin ablehnten, sondern entfremdete moderatere Stimmen und drohte die Katholiken zeit- weilen zu spalten32. Der Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern um die Eingrenzung der weltlichen Macht der Kirche hatte sich unter Pius  IX. allmählich verschärft, weswegen in der Forschung häufig die Rede von einem »Zeitalter der euro- päischen Kulturkämpfe« ist 33. Die Vorstellung eines Zweiparteienringens knüpfte allerdings nur begrenzt an lokale Realitäten an, wo die katholische Position eher durch Pluralität gekennzeichnet war. In Spanien bildeten die Integralisten eine Sonderposition, in Mexico kooperierte das Episkopat teils 29 Vgl. O’Malley, Vatican I, S.  103–107; Klaus Schatz, Vaticanum I, Bd. 1, S.  91–94. 30 Bekannte Beispiele sind der Peterspfennig und die Zuavenarmee. 31 Für die »Minorität«, siehe O’Malley, Vatican I, S.  141–147; Schatz, Vaticanum I, 3  Bde., Paderborn 1992–94, Bd. 2, S.  31. 32 Nachdem zehntausende Katholiken verweigert hatten das auf dem Vatikanischen Konzil 1870 verabschiedete Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit anzunehmen, kam es zur Errichtung der sogenannten »altkatholischen« Kirche. Trotz der Tatsache, dass etwa ein Fünftel aller am Konzil versammelten Bischöfe die Unfehlbarkeitsdoktrin ablehnten, wurde der Altkatholizismus nie zu einer Massenbewegung, sondern blieb, so eine zeitgenössische Quelle, eine Art »Professorencatholicismus«. Augs- burger Postzeitung, 6. März 1871. Für die Minorität, die mehrheitlich aus Bischöfen aus Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, den USA und dem Nahen Osten bestand, siehe Klaus Schatz, Vaticanum I, Bd. 2, S.  31. Zum Altkatholizismus, siehe auch Victor Conzemius, Katholizismus ohne Rom: die altkatholische Kirchenge- meinschaft, Zürich 1969. 33 Borutta, Antikatholizismus. Siehe auch Clark / Kaiser, Culture Wars. Der Begriff »Kulturkampf« wurde erstmals 1840 in der schweizerischen Zeitschrift für Theologie erwähnt; vgl. Borutta, Antikatholizismus, S.  11.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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