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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 109 -
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109Katholischer Pluralismus und die Gewalt der religioneros Und nun, da die Furcht diejenigen Männer, die sich noch Katholiken nannten, in Quä- ker verwandelt hat, erklären wir Frauen, die Erlasse dieser modernen Juliane, soweit es uns möglich ist, nicht zu befolgen  […] [W]ir schwören, all diejenigen, die an der niederträchtigen Ausweisung der Schwestern beteiligt waren, fortan weder als Brü- der noch als Ehemänner, geschweige denn als Söhne anzuerkennen, und wir schwö- ren letztlich, mit Freude und Mut die Verfolgungen zu erdulden, die diese aufrichtige Kundgabe auf uns ziehen wird50. Diesen Aufruf zu zivilem Ungehorsam aufgreifend und im Rückgriff auf das katholische Martyrologium warfen die Frauen von Maravatío (Michoacán) der Regierung den Fehdehandschuh hin: Wendet Gewalt an, wenn ihr wollt; wir, weit entfernt davon, Gewalt mit Gewalt zu begegnen, werden dem Beispiel der siebenfachen Märtyrerin Felicitas folgen, indem wir unsere Söhne lehren, eher das Leben zu lassen als ihren Gott und ihr Gewissen zu  verraten51. Aus Zamora (Michoacán) kam indessen eine Petition, welche die Grenze zwi- schen stoischem Martyrium und gewaltsamem Widerstand zu verwischen schien, erklärten sich die Unterzeichner doch zum Schutz der Kirche »bereit, all unser Blut zu vergießen, mit Gottes Hilfe«52. Liberale Leitartikler nahmen solche Rhetorik zum Beweis, dass hinter den religioneros die Kirche steckte, und bezeichneten die Aufständischen mitunter als »Soldaten Pius’  IX.«. Bil- der blutrünstiger katholischer Horden aus der europäischen Vergangenheit heraufbeschwörend, warnte El  Siglo  Diez  y  Nueve aus Mexiko-Stadt, dass der Klerus einen »neuen Kreuzzug« vorbereite53. Andere Zeitungen verbreiteten vage Gerüchte, wonach Priester vor Ort die Aufstände inszenierten, oder beschuldigten bestimmte Bischöfe der finanziellen Unterstützung der religi- oneros und ihrer Führung54. Allerdings konnten die Liberalen kaum hand- feste Beweise für Absprachen zwischen Kirche und Rebellen vorbringen, und die öffentlichen Stellungnahmen der Kirche waren in der Sache eindeutig. Der gemeinsame Hirtenbrief von 1875 war gar von der liberalen Publizis- tik gelobt worden55. Hinter der Bedrohung des Gemeinwesens steckten ganz offensichtlich weder die Kirchenoberen noch die Laien aus der Mittelschicht. 50 Ebd., S.  249–251. 51 Protesta de las señoras de Maravatío, in: La Voz de México, 20.  Januar 1875. 52 Protesta de los vecinos de Zamora, in: La Voz de México, 9.  Januar 1875. 53 El Siglo  Diez y Nueve, 1.  Februar 1875. 54 El Correo del Comercio, 19.  November 1875. 55 El Progresista, 25.  April 1875.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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