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Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 137 -
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137Gewalt unter ländlichen Katholiken in der späten Habsburgermonarchie tiver, innerkirchlicher, aber mit der Radikalisierung immer mehr gegen die gesamte Amtskirche gerichteter Emanzipations- und Selbstbehauptungsan- spruch. Der Konflikt ließ sich gleichzeitig im Kontext der Nationalitäten- frage verorten: In der nationalisierten Konfliktsprache, derer sich auch die Dorfbewohner bedienten, konnten soziale Unterschiede öffentlichkeitswirk- sam zum Ausdruck gebracht werden. Die Sprache der Ethnizität ist näm- lich »eine Ressource in definitorischen Kämpfen um soziale Ordnung«113. Insofern beschreibt Ethnizität nicht nur kulturelle Differenz, sondern auch soziale Ungleichheit114. Ricmanjes Erfolg lässt sich auch mit seiner Lage innerhalb eines supra- nationalen Imperiums, wie der österreichischen Reichshälfte der Donaumo- narchie, erklären. Sowohl die staatlichen als auch kirchlichen Obrigkeiten in Österreich hatten ein Interesse daran, dass einem solchen Konflikt, der sich als Nationalitätenkonflikt erzählen ließ, ein rasches Ende gesetzt wird. Die Strategie der Dorfbewohner  – oder konkreter: jene des früheren Dorf- kaplans Don Požar  – zahlte sich aus, weil beide Seiten, sowohl die kirchliche als auch die staatliche, die national interpretierbaren Spaltungen vermeiden wollten. Daher war die Gewalt im istrianischen Hinterland, das in Österreich lag, weder permanent noch antistaatlich ausgerichtet  – im Gegensatz etwa zu ähnlichen Konflikten im ungarischen Kroatien-Slawonien (1894, 1897, 1903), wo der kirchliche Raum ebenso aus sozialen und politischen Grün- den um- und bekämpft wurde115. Die katholischen Bauern in Kroatien woll- ten aber den kirchlichen Raum explizit gegen den (ungarischen) Staat und die vermeintliche »Magyarisierung« schützen116. In Ungarn bewegten sich sowohl die staatliche Macht als auch die kirchlichen Obrigkeiten in einem bewusst nationalen Kontext117. Akteure lokaler Widerstands- und Gewalt- momente erzielten daher auf der ungarisch-kroatischen Seite keine Erfolge: in: Ulrike Jureit (Hg.), Umkämpfte Räume. Raumbilder, Ordnungswille und Gewaltmobilisierung, Göttingen 2016, S.  9–25, hier S.  10. 113 Joanna Pfaff-Czarnecka, Zugehörigkeit in der mobilen Welt. Politiken der Ver- ortung, Göttingen 2012, S.  63. 114 Vgl. Alex Groenemeyer, Kulturelle Differenz, ethnische Identität und die Ethni- sierung von Alltagskonflikten. Ein Überblick sozialwissenschaftlicher Thematisie- rungen, in: Ders. / Jürgen Mansel (Hg.), Die Ethnisierung von Alltagskonflikten, Wiesbaden 2013, S.  11–46, hier S.  35–37. 115 Zu den kirchenpolitischen Hintergründen und der antistaatlichen Haltung der Aufständischen von 1897, siehe auch Stefano Petrungaro, Pietre e fucili. La pro- testa sociale nelle campagne croate di fine Ottocento, Roma 2009. 116 Ebd., S.  46–48. 117 Zum nationalstaatlichen Weg der ungarischen Reichshälfte, siehe auch Pieter Judson, L’ Autriche-Hongrie était-elle un empire?, in: Annales. Histoire, Sciences Sociales 63 (2008), H.  3, S.  563–596, hier S.  580f.; Andrea Komlosy, Imperial Cohesion, Nation-Building, and Regional Integration in the Habsburg Monarchy, in: Stefan Berger / Alexei Miller (Hg.), Nationalizing Empires, Budapest 2015, S.  369–427, hier S.  370–372, 377–390, 409; zum Verhältnis zwischen Nation und
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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