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142 Sara Mehlmer
und die damit verbundene Position als religiöser Vorposten gegenüber dem
nicht-muslimischen Teil der Welt, zentraler Bestandteil der marokkanischen
Staatsbildung4.
Mit dem Sieg Spaniens im sogenannten »Afrikakrieg« oder »Tétouan-
Krieg«5 (1859–1860) gegen Marokko ging ein gesteigertes spanisches Inter-
esse an der nordafrikanischen Region einher, das in vertraglich festgelegten
Handels- und Siedlungsbegünstigungen sowie Gebietsabtretungen Marok-
kos seinen Niederschlag fand. Für Marokko bedeutete die Niederlage eine
enorme finanzielle und damit innen- wie außenpolitische Schwächung
sowie einen zunehmenden Druck, sich für den wirtschaftlichen Einfluss
Europas zu öffnen6. Entsprechend gilt das Jahr 1860 als Beginn des moder-
nen spanischen Kolonialismus in Nordafrika sowie allgemein als Beginn
der Intensivierung des europäischen Einflusses in Marokko7. Anhand der
1860 vertraglich vereinbarten Grenzverschiebungen um Melilla lassen sich
die Auswirkungen des spanischen Sieges und eine damit verbundene Zuspit-
zung des Grenzkonflikts um die Exklave ausmachen, bei dessen Austragung
nicht nur territoriale, expansive und wirtschaftliche, sondern letztlich auch
religiöse Faktoren eine Rolle spielten.
Die Gebietserweiterungen um die Exklave hatten unter anderem dazu
geführt, dass eine berberische Moschee in nun spanisches Territorium
fiel. Diese Moschee wurde im November 1863 durch spanische Truppen
zerstört. Manuel Alvarez Maldonado, bis September 1863 Gouverneur der
spanischen Exklave, kommentierte dieses Ereignis kurz vor seiner Abreise
im Dezember:
4 Vgl. Amira K. Bennison, Liminal States. Morocco and the Iberian Frontier between
the Twelfth and the Nineteenth Centuries, in: Julia Clancy-Smith (Hg.), North
Africa, Islam and the Mediterranean World: From the Almoravids to the Algerian
War, London u.a. 2001, S. 11–28.
5 Während in der spanischen Historiographie der Begriff »Afrikakrieg« immer noch
häufig verwendet wird, bevorzugen vor allem nicht-spanische Autoren die Bezeich-
nung »Tétouan-Krieg«. Vgl. Itzea Goikolea-Amiano, Hispano-Moroccan Mimesis
in the Spanish War on Tetouan and its Occupation (1859–1862), in: The Journal of
North African Studies 24 (2018), H. 1, S. 44–61, hier S. 45. Richard Pennell schreibt,
angesichts der geringen Ausdehnung des Konfliktes, passend von »a border squabble
blown up into a war«, vgl. Richard Pennell, Morocco since 1830. A History, London
2000, S. 64.
6 Vgl. Germain Ayache, Aspects de la crise financière au Maroc après l’ éxpédition
espagnole de 1860, in: Revue Historique 220 (1958), H. 2, S. 271–310.
7 Siehe auch den Sammelband von Eloy Martín Corrales (Hg.), Marruecos y el
colonialismo español (1859–1912). De la guerra de África a la »penetración pací-
fica«, Barcelona 2002. Zum Schlüsseljahr 1860 als Beginn der intensiven Kolonisie-
rung des Landes durch europäische Mächte vgl. Abdellah Laroui, The History of
the Maghrib. An Interpretative Essay, Princeton 2015 [1977; frz. Erstausgabe 1970],
S. 322.
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Titel
- Glaubenskämpfe
- Untertitel
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Herausgeber
- Eveline Bouwers
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Abmessungen
- 15.9 x 23.7 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918