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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 176 -
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176 Tim Buchen schen Land mit großem Interesse verfolgt, weil die Abgeordneten nach Wien entsandt und damit in der Vorstellungswelt der Bauern beim Kaiser vorspre­ chen und ihre Anliegen vorbringen konnten. Spaltend auf die christlichen Dorfgemeinschaften wirkte bei den Wahlen 1897 die Rivalität der Bauern­ parteien. Sowohl die Christlich­ soziale Volkspartei (SChL) Stojałowskis als auch die säkulare nationalpopulistische Volkspartei (SL) agitierten massiv gegen Juden. Selbst für die Desavouierung des ebenfalls antisemitischen Gegners bemühte man sich antijüdischer Verschwörungstheorien. So unter­ stellten die Zeitungen der katholischen Partei ihrer säkularen Konkurrenz, mit den Juden einen Angriff auf die Religion vorzubereiten. In diesem Kon­ text massiver, monatelanger Mobilisierung der galizischen Bauern kam es im Frühsommer 1898 erneut zu einer wochenlangen Gewaltwelle in West­ und Zentralgalizien. Sie war weit weniger tödlich, in ihren geographischen Aus­ maßen und Täterzahlen jedoch durchaus vergleichbar mit dem »Rabatz« von fünfzig Jahren zuvor. Opfer wurden nun jedoch nicht die Eliten und sozialen Antagonisten aus Adel und Klerus, sondern die Juden. Die Wiederkehr bäuerlicher Gewalt: Die antijüdischen Ausschreitungen im Frühling 1898 Den Auftakt der Ausschreitungen bildete ein Ereignis in der Karwoche in der Salzminenstadt Wieliczka. Dort machte das Gerücht die Runde, dass der Priester und christlich­ soziale Reichsratsabgeordnete Andrzej Szponder von  Juden entführt und ermordet worden sei41. In der Doppelfunktion Szponders zeigte sich die neuartige Verquickung von Religion und Politik in Galizien während der zweiten Hälfte des 19.  Jahrhunderts. Traditionell mussten Juden in der Osterzeit mit Übergriffen oder Anfeindungen rechnen, da die eindrückliche Passionsgeschichte sie mit dem Verrat und der Ermor­ dung Jesu in Verbindung brachte. Als Szponder nicht wie erwartet mit dem Zug aus Krakau eintraf, zogen seine aufgebrachten Anhänger vor die Syna­ goge und bewarfen sie mit Steinen, konnten jedoch von der Gendarmerie zerstreut werden. Als der Priester schließlich mit einem späteren Zug ankam, beruhigte er seine am Bahnhof versammelten Unterstützer. Am nächsten Morgen nahm er in einer Predigt Bezug auf die Vorkommnisse. Er betonte das Verbot, Juden oder ihrem Besitz physische Gewalt anzutun, wiederholte jedoch im selben Atemzug die antisemitischen Aussagen seiner Partei über die Gefährlichkeit der Juden und die Notwendigkeit eines vollständigen Boy­ kotts jüdischer Geschäfte. 41 Buchen, Antisemitismus in Galizien, S.  176–168.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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